Die Kunst als ein Element der Freiheit

Zweite Folge unserer Serie über die documenta als Ort politischer Kunst

Wie keine andere documenta zuvor wird die kommende aus dem Blickwinkel politischer Fragestellungen vorbereitet. Deshalb gehen wir in einer zehnteiligen Serie der Frage nach, inwieweit die documenta ein Ort politischer Kunst ist und war.

Wenn man den documenta-Begründer Arnold Bode (1900-1977) gefragt hätte, ob die ersten drei Ausstellungen politisch gewesen seien, hätte er mit „Nein” geantwortet. Von politischer Kunst hatte man in den 50er- und frühen 60er-Jahren genug. Noch immer litt man unter der doppelten Politisierung der Kunst in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Einerseits hatten die Nazis die Kunst der Moderne als „entartet” diffamiert, andererseits hatten sie Spielarten der realistischen Kunst als Mittel der Propaganda in ihren Dienst gestellt. Außerdem musste man zusehen, wie in den Ostblockstaaten der Sozialistische Realismus propagiert wurde.
Also wurde alles daran gesetzt, die Kunst aus ihren politischen Bindungen zu lösen und ihr den größtmöglichen Freiraum zu verschaffen. Der Kampf darum war schwer genug, weil die Gegner der selbst bestimmten, abstrakten Kunst zahlreich waren und lautstark argumentierten.
Arnold Bode war Maler. Er tendierte in seinen Gemälden zur Abstraktion, ohne den Bezug zum Gegenständlichen aufzugeben. Bodes Partner während der ersten drei Ausstellungen, der Kunsthistoriker Werner Haftmann, hingegen propagierte die abstrakte Kunst. Die Kunst, so meinte er mit anderen, sei zu sich selbst gekommen. Er sah das 20. Jahrhundert als das Zeitalter, in dem sich die abstrakte Kunst als Ausdruck höchster Freiheit zu einer Weltsprache entwickeln würde.
Auf der Basis dieses Denkens wurde die documenta eben doch zu einem politischen Ereignis. Indem sie die Herauslösung der Kunst aus gesellschaftlichen Bezügen herauslöste, wurde sie zu einem Instrument der geistigen Auseinandersetzung in der Zeit des Kalten Krieges.
Da gleichzeitig die amerikanische Kulturpolitik mit Hilfe von Ausstellungstourneen die Botschaft vom abstrakten Expressionismus nach Europa exportierte und 1959 der amerikanische Beitrag zur documenta eben von dem New Yorker Museumsmann ausgewählt wurde, der für diese Tourneen verantwortlich war, entwickelten sich Verschwörungstheorien. So hieß es wiederholt, der CIA habe das Entstehen insbesondere der documenta II gefördert.
Mitarbeiter der documenta wie der spätere Galerist Rudolf Zwirner haben solche Unterstellungen zurückgewiesen. Nach Zwirners Ansicht war die in New York erfolgte Auswahl der Gemälde für die documenta II viel zu souverän, als dass der CIA hätte dahinter stehen können. Mit dabei in der Auswahl waren auch zwei Gemälde des Pop-Art-Künstlers Robert Rauschenberg. Seine Bilder kündigten das Ende der Abstraktion an.
Nächste Woche: Der Protest der Linken.
HNA 9. 2. 2007
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