Hamilton erhielt den Bode-Preis

In der Veranstaltungsreihe „100 Tage – 100 Gäste“ in der documenta-Halle erhielt Richard Hamilton als 14. Künstler den Kasseler Arnold Bode-Preis.

KASSEL Der Rahmen hätte idealer nicht sein können: An dem Ort, an dem sich jeden documenta-Abend eine große Gemeinde versammelt, um Vorträge und Diskussionen über die Probleme der Welt und die Möglichkeiten der Kunst zu hören, wurde der 75jährige Künstler Richard Hamilton mit dem Arnold Bode-Preis (15000 Mark) geehrt. Auch der Preis selbst profitiert davon, denn so wurde seine Rolle als indirekter documenta-Ehrung gefestigt.
Die Auszeichnung gilt dem Lebenswerk des Engländers, die Entscheidung fiel aber mit Blick auf Hamiltons faszinierenden documenta-Beitrag „Seven Rooms“. Doch Richard Hamilton bezog gleich seinen Künstlerfreund Ecke Bonk in die Auszeichnung mit ein, denn mit Bonk zusammen hat er den „Typosophischen Pavillon“ gestaltet, der die Arbeit „“Seven Rooms“ einschließt.
Mit ironischer Heiterkeit sprach Hamilton seinen Dank aus, zog Parallelen zur Biennale von Venedig, wo er 1993 mit dem „Goldenen Löwen“ ausgezeichnet worden war (den er aber sich teilen mußte) und war ein wenig stolz wie John Wayne. Neben Catherine David dankte er auch den mehr als 500000 Besuchern, die gekommen seien, um die Ausstellung zu sehen.
Anerkennung für die documenta-Leiterin gab es ein weiteres Mal: Als Kassels Oberbürgermeister Georg Lewandowski in seiner Rede meinte, Catherine David habe Hervorragendes geleistet, brandete in der vollbesetzten Halle starker Beifall auf. Ferner sprach Lewandowski die Hoffnung aus, daß Kassel auch außerhalb der documenta Kulturstadt bleibe.
Bereits Catherine David hatte in ihrer Begrüßung darauf hingewiesen, daß Hamilton, obwohl er seit den 50er Jahren zu den bekanntesten Künstlern gehört, niemals akademisch geworden sei. Sarat Maharaj führte diesen Gedanken in seiner kenntnisreichen Rede weiter aus: Der von der Pop-art herkommende Künstler habe sich immer wieder umgedreht und neue Wege eingeschlagen. Er würdigte Hamilton als einen Mann, der einen Bogen von der traditionellen Kunst ins elektronische Zeitalter geschlagen habe. Die documenta-Arbeit „Seven Rooms“, so sagte er, schaffe für die Betrachter die Illusion, die vierte Dimension erfahren zu können.
Sarat Maharaj konnte in seiner Rede nur ungefähr die Dimensionen von Hamiltons Werk andeuten, das sich in der Auseinandersetzung mit Marcel Duchamp einerseits und der Konsumwelt andererseits entwickelt hat. Er machte auf Hamiltons bildhafte Untersuchungen von Sprache und Bewußtsein aufmerksam, demonstrierte an Hand einiger Beispiele, wie Hamilton die Illusion der Schönheit in seinen Bildern brach und wie er die blutige Wirklichkeit einbezog. Hamiltons pionierhafte Meisterschaft wird erst allmählich offenbar.
HNA 24. 9. 1997

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