Gekonntes Spiel mit Bildern

Amar Kanwar stellte sich vor

Kassel. Wie nähert man sich dem Chef einer Militärjunta? Und wie fängt man das Bild eines Mannes ein, der sich einerseits wie ein Monarch verehren und andererseits sich total abschirmen lässt?
Der indische Filmemacher Amar Kanwar (Jahrgang 1964) hat versucht, mit Bildern eine Antwort darauf zu geben. In einem Film zeigt er, wie der erste Anlauf, den Generalissimo Than Shwe aus Burma bei einem Auftritt zu fotografieren, scheiterte. Dann aber bekam ihn Kanwar vor die Kamera, als der Staatschef eine Gedenkstätte besuchte. Ganz allmählich verwandelte sich der Dokumentarfilmer in einen Satiriker: Die Szene, in der Than Shwe Blumen auf der Gedenkstätte ausstreute, lässt er immer wieder abspulen und beschleunigt dabei das Tempo so sehr, dass am Ende aus der Geste der Ehrerbietung ein Ulk wird.
Amar Kanwar gehört zu den rund 100 Künstlern, die zur documenta 12 eingeladen wurden. Er stellte jetzt sich und sein Werk in der Vortragsreihe der Kunsthochschule vor. Dabei präsentierte er sich als ganzheitlich denkender Künstler. Er ist ein genauer, kritischer Beobachter, der seine Eindrücke und Reflexionen ebenso eindringlich in Bilder wie in Texte umsetzen kann. Das, was er künstlerisch aufgreift, entspringt seinem Lebensgefühl und -bedürfnis. Und wenn er davon spricht, man müsse seine eigene Mitte suchen, dann spürt man, dass er sie für sich gefunden hat.
Kanwar war bereits Gast der Documenta 11. Noch einmal führte er den dort gezeigten Film über die indisch-pakistanische Grenze und die merkwürdigen Abgrenzungsrituale vor. Dabei wurde deutlich, dass Kanwar nur bedingt ein Dokumentarfilmer ist. Er treibt ein gekonntes Spiel mit den Bildern.

HNA 19. 5. 2007

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