Zum Tod des Fotografen Bernd Becher – Lebenswerk mit seiner Frau entwickelt
Es war eine große Überraschung, als 1990 Hilla und Bernd Becher während der Biennale in Venedig der Goldene Löwe zugesprochen wurde. Verwunderung löste nicht die Tatsache der Ehrung aus. Die hatten sie nach Einschätzung vieler Beobachter verdient, weil sie seit den 60er-Jahren ein geradezu enzyklopädisches Werk zur Industriebaukultur vorgelegt hatten. Nein, die Überraschung galt der Tatsache, dass die Fotografen die höchste Biennale-Auszeichnung für Skulptur erhielten.
Damit hatte die Jury den ungewöhnlichen Charakter der Fotoserien von Hilla und Bernd Becher gewürdigt. Die beiden hatten es verstanden, Fachwerkbauten aus dem Siegener Land, Wassertürme und Gasbehälter, Fördertürme und Zechenanlagen so aufzunehmen, dass sie plastische Formen gewannen und wie Skulpturen erschienen.
Was hatten die Bechers anders gemacht als andere Fotografen? Wenn sie Bauwerke fotografierten, suchten sie stets einen Standort, der eine gerade Aufsicht auf das Objekt erlaubte. Außerdem schalteten sie die Veränderungen durch das Wetter oder die Tageszeit aus – weder sind Wolken noch Schatten zu sehen. Das heißt: Sie haben die Bauwerke idealtypisch vorgestellt. Und indem sie jeden subjektiven Einfluss ausschalteten, entwickelten sie ihre unverkennbare Handschrift.
Jetzt ist ihr gemeinschaftliches Lebenswerk, das Ende der 50er-Jahre in Düsseldorf begann, durch den Tod von Bernd Becher beendet worden. Wie kurz gemeldet, starb Becher 75-jährig bei einer Operation in Rostock.
Bernd Becher hatte als Zeichner, Maler und Typograf begonnen und sich schon den Industriebauten gewidmet. Hilla Becher studierte Fotografie. Beide haben durch ihre Arbeit und die Lehrtätigkeit wesentlich die künstlerischen Fotografen der mittleren Generation geprägt.
1972, als die Fotografie noch um ihre Anerkennung innerhalb der Kunst kämpfen musste, waren die Bechers erstmals mit Fotoserien in der Kasseler documenta vertreten. Weitere Ausstellungsbeteiligungen hatten sie 1977 und 1982, bevor sie innerhalb der Documenta 11 mit einer Werkschau geehrt wurden
HNA 26. 6. 2007