Der Ort als Impulsgeber

Mit der Ausstellung „Echolot“ startet am 22. März das Museum Fridericianum in Kassel sein neues Programm. Kunsthallenleiter René Block verspricht neue Impulse für den prominenten Ort.
Das Vorhaben klingt paradox, ist aber einleuchtend: Um die Kasseler Kunsthalle Museum Fridericianum stärker für das Publikum öffnen zu können, soll es künftig nicht nur montags, sondern auch dienstags geschlossen werden. Mit dieser Schließung jeweils an den beiden ersten Werktagen der Woche soll ermöglicht werden, an den anderen fünf Wochentagen die Öffnungszeit um eine Stunde zu erweitern (10 bis 18 Uhr) und donnerstags eine Abendöffnung sogar bis 20 Uhr anzubieten. Dabei soll, um auch finanziell Schwächeren einen Ausstellungsbesuch zu ermöglichen, am Donnerstag von 18 bis 20 Uhr kein Eintritt erhoben werden (sonst acht Mark, ermäßigt fünf Mark).
Bernd Leifeld, Geschäftsführer der documenta GmbH, erläuterte gestern vor der Presse die Strategie: Da der Etat keine bloße Ausweitung der Öffnungszeiten erlaube, müsse man die Zugangstage eingrenzen, um an den übrigen Tagen die Besichtigungszeiten zu verlängern. Zum neuen Konzept gehört auch, daß die Kunst- halle verstärkt mit anderen Institutionen zusammenarbeiten will. Im Fridericianum soll die Kunstbuchhandlung König wieder eine Verkaufsfläche erhalten. Außerdem soll das Dock 4 künftig die Cafeteria bewirtschaften.
Offensichtlich ist in Kassel gar nicht bewußt, welchen Ruf das Fridericianum dank der documenta außerhalb Kassels genießt. So ist die Frage an René Block, warum er denn als Kunsthallenleiter nach Kassel gekommen sei, gar keine: Für ihn ist das documenta-Stammhaus ein magischer Ort, der international Ansehen genießt. So liegt es auch nahe, daß er aus dem Geist dieses Ortes sein Ausstellungsprogramm entwickelt hat.
Block (Jahrgang 1942), der als 22jähriger in Berlin eine Avantgarde-Galerie gründete, die Kunstgeschichte machte, hat in den letzten Jahren international als Ausstellungskurator Erfahrungen gesammelt. Diese Erfahrungen kommen jetzt Kassel und dem Fridericianum zugute. Blocks wichtigste Erkenntnis ist, daß man auch jene Kunst wahrnehmen muß, die sich am Rande des europäisch zentrierten Denkens entwickelt. Dementsprechend heißt sein Leitmotiv für die nächsten vier Jahre: Peripherie. In der ersten Ausstellung (,‚Echolot“), die Block für das Fridericianum plant, nimmt er die Peripherie gleich doppelt ins Visier: Er stellt Bilder und Objekte von neun Künstlerinnen vor, die aus Arabien, Arabien, Asien und Australien stammen und im Dialog mit westlicher Kunst ihre Arbeiten entwickelt haben. Es werden neun Einzelausstellungen sein.

HNA 13. 2. 1998

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