Echolot im Kasseler Museum Fridericianum. Als erste der neun Künstlerinnen stellen wir die in Berlin lebende Chinesin Qin Yufen (Jahrgang 1954) vor.
Die chinesische Kultur ist wie Blut in meinem Körper, aber die westliche Welt… ist die Luft, die ich atme. Qin Yufen sagte das vor einem Jahr in einem Interview und beschrieb damit die beiden Pole, in deren Spannungsfeld ihre Arbeiten entstehen. In ihrer Heimat hatte sie ihre Bilder nur in Privatwohnungen zeigen können, seit 1986 lebt sie in Berlin.
In ihrem Werk verbinden sich fernöstliche und westeuropäische Elemente auf faszinierende Weise: Die langen Bambusrohre, die riesigen Flöten gleichen, und die Fächer signalisieren nach unserem Verständnis ebenso das asiatische Element wie die Leichtigkeit und Poesie der Installationen und Inszenierungen. Auf der anderen Seite arbeitet die Chinesin mit Wäscheständern, winzigen Lautsprechern und Stahlrahmen.
Qin Yufen vermag, Räume zu verzaubern, die Dinge zum Schweben und Klingen zu bringen – selbst da, wo sie statisch und still scheinen. Sie schlägt eine Brücke zwischen den entfernten Kulturen und hebt damit die Peripherie auf, in der ihre Biographie wurzelt. Während das Gros der anderen Beiträge zu Echolot kritisch und politisch angelegt ist, wirken Qin Yufens drei für Kassel geschaffene Arbeiten einfach auf die Sinne: 184 mit Seide umwickelte
Fächer, die von der Decke herab knapp über dem Boden schweben, formen sich zum Schweigenden Wind; kleine Lautsprecher, die an Kupferkabeln in Stahlrahmen hängen, gleichen fallenden Tropfen, die Geräusche von sich geben (,Fallender Klang); und übereinander gelegte Bambusrohre werden durch kleine Lautsprecher zum Hain der Flöten.
Das sind Raumbilder, die zum stillen Betrachten einladen und die unmerklich die Gedanken und Empfindungen wegtragen. Insofern nimmt Qin Yufens Beitrag innerhalb der EcholotAusstellung eine Sonderrolle ein.
HNA 26. 3. 1998