Auf Umwegen zur documenta

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Mit Hilfe der Sendereihe „100 Meisterwerke“ hat die Kunstbetrachtung im Fernsehen einen festen und guten Platz erobert. Fast jede Folge hat die Plazierung am Sonntagabend gerechtfertigt, weil die Autoren die Zuschauer an die Bilder und Objekte heranführen, auf Einzelheiten aufmerksam machen und Hintergründe beleuchten, ohne die Deutung der Werke zu überziehen.

Folglich wurde die Nachricht, daß in diesem Sommer in die Reihe 13 Betrachtungen zur documenta 8 eingeschoben werden sollten, von den Kunstfreunden als frohe Botschaft aufgenommen. Umso größer ist jetzt die Enttäuschung, die einzelne Beiträge hervorrufen. Zwar benutzt jede Folge das Museum Fridericianum, den Hauptstandort der documenta, als Leitsymbol, doch wie das Gebäude
in einem längst überholten Bauzustand abgebildet wird, so führen auch viele Porträts und Interviews nur auf Umwegen zur documenta. Wenn beispielsweise unter dem Titel „Utopie-Verlust“ der Berliner Künstler Olaf Metzel vorgestellt und dabei vornehmlich seine umstrittene Arbeit für den Berliner Skulpturenboulevard erläutert wird, dann hat das wenig mit der documenta und mit Metzels stiller Arbeit für die Kasseler Ausstellung zu tun.

Weitgehend sind die Folgen zu Künstler-Porträts geraten, in denen die documenta-Teilnahme jeweils nur zum Auslöser wird. Andere Beiträge zu dieser Reihe (,‚Neues Pathos“) litten unter zu starken kritischen Einwänden oder zu groben Vereinfachungen (,Politische Kunst“). Eine Chance wurde
vertan.

HNA 4. 8. 1987

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