Klaus Staeck (Jahrgang j 1938) ist Einzelkämpfer. Im Alltag der Geselischaft ist er kaum gefragt. Seine Postkarten mit den satirisch-politischen Montagen werden zwar fleißig verschickt, seine Plakate mit den ironischen Bildtexten werden in den Hinterstuben aufgehängt, doch wenn er zur Sache will, in Rathäusern oder Bibliotheken ausstellen will, sind ihm viele Türen verschlossen. Nicht nur Staeck weiß warum: Seine politische Kritik und sein satirischer Biß richten sich vornehmlich gegen bürgerliche, rechte und kapitalistische Denk- und Verhaltensweisen. Staeck nimmt immer Partei, nicht nur im Wahlkampf. Genau das nimmt ihm die rechte, die angegriffene Seite übel.
Trotzdem ist und bleibt Staeck der einzige bundesdeutsche Grafiker, der mit großer Konsequenz die politische Grafik pflegt und dabei die plakative Sprache nutzt. Er hat zu großartigen, unauslöschlichen Bildern gefunden. Als dieser politische Künstler könnte er schwerlich überleben, wenn er nicht gelegentlich Zugang zu großen Ausstellungen hätte. Die documenta in Kassel hat diesen Außenseiter und Vorkämpfer der Kunst zum dritten Mal auf ihrer Künstlerliste.
Aber auch die Einladung nach Kassel hat ihn nie daran gehindert, die documenta, an der er teilnimmt, zu kritisieren. 1977 ließ er auf einer Postkarte die Kritiker als schnüffelnde Hunde durch eine Wasserrinne laufen, 1982 parodierte er die jungen wilden Maler mit einem Bild von einem Altherrenchor und diesmal bescheinigt er der Kunst ihre Freiheit: Die Freiheit der Kunst ereignet sich unter einer Käseglocke.
Staeck ist abei auch einer der wenigen documenta-Teilnehmer, die den Kontakt mit den Besuchern suchen. An seinem Verkaufsstand steht er gelegentlich Rede und Antwort, nimmt die Kritik an der documenta entgegen, versucht sich als Katalysator, vermittelt und setzt seine eigene Kritik daneben. Staeck fängt dabei das auf, was Besucher in der Ausstellung sonst nicht loswerden können.
HNA 11. 8. 1987