Die Stärkung der Bestände

Wenn die Bestände der Neuen Galerie von Jahr zu Jahr erweitert werden können, ist dies einem Vertrag zwischen der Stadt Kassel und den Staatlichen Museen zu verdanken: Die Stadt gab zu Beginn der 70er-Jahre ihre Kunstsammlungen in die Obhut der Neuen Galerie und verpffichtete sich dafür, jährlich 200 000 Mark für Kunstankäufe bereitzustellen.

Zum Erwerbungskonzept gehören drei Elemente: Es gilt, Vorhandenes sinnvoll zu ergänzen, die hervorragenden Leistungen aus Kassel stammender und hier wirkender Künstler zu berücksichtigen und Spuren der documenta zu sichern. Alle drei Elemente wurden auch bei der jüngsten Auswahl berücksichtigt. Die Neuerwerbungen sind jetzt in der Eingangshalle der Neuen Galerie zu besichtigen.

Gleich fünffach wurden Künstler berücksichtigt, die an einer documenta beteiligt waren: Mit dem Erwerb des Bildes „Do.ut.es“ (1958/59) von Piero Dorazio, in dessen leuchtend roter Fläche darunter liegende Farben und Strukturen sichtbar werden, wird gewissermaßen gutgemacht, dass vor 40 Jahren in Kassel noch niemand daran dachte, documenta-Werke für die hiesigen Sammlungen anzukaufen.

Von Richard Tuttle hingegen war bereits 1982 eine außerordentlich feine Aquarellserie angeschafft worden. Die jetzt hinzukommenden Grafiken (,‚Plastic History“) zeigen ihn in einer neuen Weise. Aus den Bildern ergeben sich über Texte Dialoge mit Descartes, Spinoza und Beuys.

Wie Tuttle und Dorazio war Robert Barry mehrfach in der documenta vertreten. Auch er bewegt sich im Spannungsraum von Bild und Schrift. Doch in seinen Arbeiten dominieren die Färbflächen, auf denen die Worte wie Zeichen zu schweben scheinen. In eine völlig andere Richtung weist der Ankauf aus der jüngsten documenta: Penny Yassours „Mental Map“ von dem Liniennetz der Reichsbahn, auf dem die Transporte in die Konzentrationslager rollten, gehörte zu den aufregendsten Arbeiten, die 1997 zu sehen waren. Die israelische Künstlerin erhielt dafür den Arnold-Bode-Preis.

Im Performance-Programm der documenta 8 war Jürgen OLbrich dabei. Seine zu besichtigende Edition schlägt die Brücke zur Aktionskunst und zur Kasseler Szene. Zu der gehören auch Thomas Bachler, von dem drei faszinierende Fotogramme erworben wurden, und die in Köln lebende Siglinde Kallnbach, von der Farbfotos zu sehen sind. In die Vorkriegszeit hingen führen Ernst Röttgers Zeichnungen und Grafik.

Unter der Leitung von Marianne Heinz ist die ungegenständilche, reine Malerei zu einem Schwerpunkt geworden. Das schwarze plastische Bild von Rolf Rose und die Mischtechniken von Jürgen Messensee markieren diese Position.

HNA 17. 3. 2001

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