Die Künstlernekropole im Habichtswald am Blauen See ist durch ein sechstes Werk erweitert worden. Gleich in mehrfacher Weise nimmt es eine Sonderposition an: Es handelt sich nicht um ein Monument, sondern um ein auf Leinwand gemaltes Bild, das zum Schutz vor Witterungseinflüssen in einen verglasten Metallkasten eingelassen wurde, der seinerseits an einer Buche befestigt worden ist. Gemalt hat das Bild der Maler Blalla W. Hallmann, den Harry Kramer zur Mitarbeit an der Nekropole gewinnen wollte. Aber dazu kam es nicht. Als Hallmann, mittlerweile selbst schwer erkrankt, von Harry Kramers Tod im vorigen Jahr erfuhr, malte er das Bild. Vierzehn Tage später war er selbst tot.
So ist das Ölbild mit dem Titel Abend-Treffen an der Lichtung – Harrys Abschied eine doppelte Ehrung – für den Maler, der sein Nekropolenmonument nicht beginnen konnte, und für Harry Kramer, der auf diesem Umweg nun auch eine Gedenktafel auf dem von ihm initiierten Künstlerfriedhof erhalten hat. Das Gemälde zeigt eine Waldlandschaft, die von geisterhaften Wesen bevölkert ist. Durch die beherrschenden dunklen Braun-Töne dringt von hinten in Orange und Gelb das Licht der untergehenden Sonne. Das expressiv gemalte Bild ist in seiner Phantastik aber nicht leicht zu erkennen, weil es aus Sicherheitsgründen über den Köpfen der Spaziergänger hängt.
Bereits 1981 hatte Kramer den Vorschlag entwickelt, eine Künstler-Nekropole zu schaffen. Anfangs hatte es große Widerstände gegeben. Zu der gestrigen Übergabe des Bildes waren neben Helga Kramer, Kulturdezernent Volker Schäfer und Mitgliedern des Fördervereins auch Vertreter der Forstverwaltung und der Harleshäuser Bürger erschienen. Ehrengast war der Bildhauer Heinrich Brummack, der seinem Monument die Gestalt einer Vogeltränke gegeben hat.
HNA 17. 7. 1998