Im Zentrum die Kunst

Ob am 28. September die documenta X als ein Erfolg verbucht werden kann, muß sieh erst noch zeigen. Die bloße Tatsache, daß die Ausstellung zum zehnten Mal das internationale Interesse auf sich zieht; ist noch keine Gewähr dafür. Auch wenn, wie die Geschäftsführung mit Blick auf die Finanzierung hofft, mehr als 500 000 Besucher kommen sollten, wäre das, was man Erfolg nennt, noch nicht garantiert, Es gehört mehr dazu – nämlich daß die Kunstwelt in dieser Zeit in Kassel Antworten auf Fragen erhält, die andernorts nicht gegeben werden.

Das gelingt aber nur, wenn die Kunst, um die es geht, wirklich im Zentrum steht, und daß sich das üppige Rankenwerk, das im Scheinwerferlicht der Medien gedeiht, die Kunst nicht überwuchert. Und da muß man auch in Kauf nehmen, daß man auf Anhieb nicht alles verstehen oder gut finden kann. Das soll selbst Fachleuten so gehen. Was wäre das auch für eine Kunstschau, die ohne Rätsel bliebe, wenn sie bis nach New York und Sydney Spannungsmomente ausstrahlen soll?

Die documenta X steht und öffnet heute um 10 Uhr für das Publikum die Tore. Ein erlebnisreicher Kunstsommer kann beginnen. Besonders gut wird er dann, wenn er unerwartete Erfahrungen ermöglicht.

HNA 21. 6. 1997

Schreibe einen Kommentar