Der dreifache Kentridge

Der Südafrikaner William Kentridge (Jahrgang 1955) ist seit der documenta X (1997) ein in Kassel populärer Gast. Hatte er zuerst mit seinen animierten Filmen (auf der Basis von Zeichnungen) begeistert, lernte man ihn in Kassel fünf Jahre später auch als Autor und Regisseur auf der Theaterbühne kennen und schätzen. Kentridge wird 2012 zum dritten Mal an einer documenta teilnehmen.
Was genau er präsentieren wird, ist noch nicht bekannt. Doch es sind von ihm auf der documenta-website documenta.de drei wunderschöne Kostproben zu sehen, kurze Videos, die er drawing lessons nennt. Kentridges Zeichenstunden vermitteln aber keineswegs das Rüstzeug für die Zeichenkunst, sondern erzählen kleine Geschichten. Beispielsweise widmet sich die drawing lesson 42 den „Carnets d’Egypte: Nubische Landschaften“. In dem Video blickt man auf Kentridges Arbeitstisch, auf dem wie kleine Skulpturen fünf Metronome stehen, die sich im Lauf der Zeit mit unüberhörbarem Klack-Geräusch in Bewegung setzen. Zeichnen im Gleichmaß des Taktes?

In der drawing lesson 17 (a lesson in lethargy) schaut William Kentridge als verdoppelte Person sich selbst über die Schulter. Mit großer Konzentration sitzt der Zeichner am Tisch und schreibt oder zeichnet. Sein daneben stehender Doppelgänger blickt verächtlich auf die Szenerie und meint, der da könne selbst nicht lesen, was er da schreibe.

Kentridge 1 Kentridge 2 Kentridge 3
In der drawing lesson 13 gar tritt Kentridge dreifach auf. Erst betritt er als Einzelner seinen Arbeitsraum, verneigt sich und will offenbar zeigen, erläutern, was für Blätter er in der Hand hält. Dann erscheint er noch einmal, und schließlich steht Kentridge in dreifacher Form hinter dem Schreibtisch. Der eine Drilling setzt an, etwas zu sagen, da fällt ihm der zweite ins Wort und schließlich der dritte.
William Kentridge stellt sich als eine wahre Schauspielbegabung vor. Mit spielerischer Leichtigkeit lässt er seine drei Egos agieren, sich gegeneinander absetzen und dann wieder wie im Chor sprechen. Man spürt die Lust des Zeichners am Theatralischen.

Malani 1 Malani 2

Ebenfalls aktuell auf die documenta-Homepage ist eine kleine Arbeit von Nalini Malani gestellt, die wie Kentridge bereits auf der offiziellen Künstlerliste steht. Die Inderin, die phantastisch-surreale Bilder schafft, zeigt hier eine Video-Skizze, die wie eine animierte Zeichnung wirkt. Die Künstlerin hat die Skizze im Andenken an Penelope, Odysseus‘ Frau, geschaffen. Das Video zeigt, wie phantasische Figuren, Wesen, die zugleich Menschen, Tiere und Pflanzen sind, zusammenwachsen und wuchern und sich dann wieder in der Leere verlieren.

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