Grünes Licht trotz Sparzwang

Trotz der katastrophalen Haushaltsiage in Kassel steht die documenta 10 (1997) nicht zur Disposition. Die Stadt bekennt sich zu der Ausstellung.

Der Machtwechsel von der SPD zur CDU/FDP in Kassel und die enormen Finanzprobleme der Stadt brachten den ehemaligen Kasseler SPD-Oberbürgermeister und jetzigen hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel auf die Idee, der Stadt anzubieten, die Gewichte bei der Trägerschaft der documenta-Gesellsehaft neu zu verteilen. Das Land könne mehr als die 50 Prozent der Kosten übernehmen und damit auch das Übergewicht an Verantwortung an sich ziehen. Doch trotz der katastrophal defizitären Haushaltslage ging die Stadt Kassel auf das Angebot nicht ein: Oberbürgermeister Georg Lewandowski erklärte gestern vor der Presse, daß die Stadt zur documenta stehe und auch weiterhin den Aufsichsratsvorsitz stellen wolle.

In der Pressekonferenz wurde berichtet, daß der documenta-Aufsichtsrat den Vertrag mit der documenta-Leiterin Catherine David (Paris) gebilligt habe: Ihr Vertragsverhältnis beginnt am 1. Juli dieses Jahres, ein Jahr später soll sie nach Kassel übersiedeln, um von dort aus die Kunstschau für 1997 vorzubereiten. Ihr wird ein Etatrahmen von etwa 20 Millionen Mark zur Verfügung stehen. Je 2,8 Millionen wollen die Stadt und das Land geben, weitere 2,8 Millionen werden vom Bund erhofft. Die übrigen Geldmittel sollen selbst erwirtschaftet bzw. durch Sponsor-Verträge hereingeholt werden.

Die ungeschmälerte Sicherung der documenta hat zur Folge, daß angesichts der Kasseler Haushaltslage der Etat der Kunsthalle Museum Fridericianum drastisch eingeschränkt
wird. Kunsthallenleiter Veit Loers muß 1995 und 1996 mit 280 000 bzw. 220 000 Mark für den Ausstellungsetat auskommen. Um trotzdem die Kontinuität im Museum Fridericianum zu gewährleisten, wird er sein „Museum auf Zeit“ verkleinern und im rechten Erdgeschoßflügel je drei kleinc Ausstellungen pro Jahr organisieren.

Der Aufsichtsrat bekannte sich ferner zu der Zusage, die zur documenta 9 errichtete Backsteinskulptur von Per Kirkeby anzukaufen und für Kassel zu erhalten. Nachdem innerhalb von zwei Jahren der Ankauf nicht erfolgt war, hatte der Künstler mit Abriß gedroht.

HNA 20. 5. 1994

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