Traum von der guten Ausstellung

Roger M. Buergels Weg zur documenta 12 – Über die Theorie und Diskussion zur Anschauung

KASSEL. Der Anspruch ist hoch, sehr hoch sogar. Roger M. Buergel will Kassel und der Welt 2007 eine gute Ausstellung „mit sehr, sehr guter Kunst“ präsentieren. Außerdem setzt er darauf, die Werke so präsentieren zu können, dass sie sich den Besuchern selbst erschließen und dass sie nicht aufwändiger Vermittlungsaktionen bedürfen.
Ein Traum? Im Moment, da alle Ankündigungen und Erläuterungen abstrakt bleiben, weil, um Spekulationen keinen Raum zu geben, Künstlernamen nicht genannt werden, erscheint das Ziel einer Ausstellung, die ohne Vermittlung auskommt, fast unerreichbar. Aber Buergel weist ja immer darauf hin, dass ihn das Ausstelluen selbst interessiere, also die Form der Präsentation für ihn genauso wichtig sei wie die gezeigte Kunst. Allerdings erwartet er auch die Mitarbeit des Publikums. Die eine Vorleistung, die die Besucher erbringen sollten, ist, dass sie sich mit den Themen und Fragestellungen der kommenden documenta vertraut machen. Als ein Angebot zu diesem Eindenken sieht Buergel die drei documenta-Zeitschriften, die im Vorfeld der Ausstellung von 2007 erscheinen werden. Diese Zeitschriften sollen eine Brücke schlagen zwischen dem angelaufenen Diskussionsprozess mit rund 70 Zeitschriften aus allen Ecken der Welt und der Ausstellung.
Buergel weiß, wie er in einem Interview sagte, dass er sich damit in die Nähe von Okwui Enwezor begibt, der vor seiner Documenta 11 Diskussionsforen (Plattformen) organisierte. Er macht aber auch auf die Unterschiede aufmerksam.
Das Netzwerk mit den 70 lokal verorteten Zeitschriften ermögliche es, näher an die regionalen Probleme und Kunstszenen heranzukommen. Auf der anderen Seite empfand Buergel Enwezors Plattformen zu elitär. Die Zeitschriften böten die Chance, dass sich alle Interessenten am Vorbereitungsprozess beteiligen könnten.
Buergel erwartet noch eine weitere Leistung vom Publikum: Die Besucher sollen sich Zeit nehmen, die Werke, ob Videos oder Gemälde, in Ruhe zu betrachten. Kontemplation (beschauliche Betrachtung) will er nicht nur ermöglichen, sondern auch fordern.
Roger Buergel geht es mit Blick auf die documenta 12 um die Frage, warum die Kunst heute „so aussieht, wie sie aussieht“, und ihn interessiert, wie die Künstler in unterschiedlichen Regionen die Fragen zu Macht und Gewalt sowie zur menschlichen Existenz, die ihrer schützenden Attribute beraubt ist, bearbeiten. Insofern werden viele Arbeiten zu gesellschaftlichen Fragestellungen zu sehen sein. Nach Buergels Einschätzung erhalten dabei die Performance und der Tanz eine herausragende Rolle.
Die Ausstellung als Erlebnisraum. Das wird sie auch durch ungewöhnliche Orte. In einem Gespräch verriet Buergel, dass Verhandlungen liefen, mit einem Teil der Ausstellung in ein Einkaufszentrum zu gehen. Die Geschäfte könnten dafür,in die documenta-Halle wechseln.
HNA 5. 2. 2005

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