Was wollen eigentlich Bilder?

Das Zeitschriftenprojekt der documenta 12 ist angelaufen – Untersuchung der Wechselwirkung lokal-global

Kassel. Fünfzehn Monate vor Eröffnung der Ausstellung startete die Documenta 11 mit ihrer Plattform 1 in Wien. Mehrere Tage lang diskutierte ein internationaler Kreis von Wissenschaftlern, Kuratoren und Künstlern über Schwächen und Vorzüge demokratischer Systeme sowie über das Verhältnis von Kultur und Politik.
Die documenta 12, die für die Zeit vom 16. Juni bis 23. September 2007 geplant ist, setzt mit ihrer globalen Diskussion noch früher ein. Dieser weltweite Gesprächsaustausch verläuft allerdings in seiner ersten Phase im nicht öffentlichen Raum – in Redaktionskonferenzen und elektronischen Symposien. Erst in einer zweiten Phase, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte dieses Jahres, wird die Diskussion geöffnet, dann werden in unterschiedlichen Kunst- und Kulturzeitschriften rund um den Globus einzelne Beiträge erscheinen, die Ausfluss der geführten Debatten sind.
In der dritten Phase endlich wird eine documenta-Öffentlichkeit hergestellt. Dann werden (ab Frühjahr 2006) drei Zeitschriften herausgegeben, in denen die Diskussionen gebündelt werden und die die künftigen documenta-Besucher auf die Fragestellungen der Ausstellung einstimmen sollen.
Daneben sollen die drei Zeitschriften Texte enthalten, die direkt Bezug auf Kernthemen der documenta 12 nehmen. Derzeit wird an der Installation eines globalen elektronischen Netzwerkes gearbeitet, mit dessen Hilfe dann der internationale Gedankenaustausch in allen Richtungen funktionieren kann. Das Projekt wird im Internet unter www.documenta12.de vorgestellt.
Bereits im Januar hatte Roger M. Buergel seine Strategie zur Vorbereitung der Ausstellung erläutert. Er, der selbst eng mit der Wiener Kunstzeitschrift „Springerin“ verbunden ist, hat vor durch die Zusammenarbeit und den Austausch mit 70 Zeitschriften aus aller Welt Grundfragen der Gesellschaft, der ästhetischen Praxis und der Kunst zu klären. Die Koordination des Projekts hat der Chefredakteur der „Springerin“, Georg Schöllhammer, übernommen.
Ging es im von Okwui Enwezor 2001 eingeleiteten Diskurs eher um die politischen Bedingungen als Voraussetzung und Thema der Kunst, richten Buergel und Schöllhamer ihren Blick vornehmlich auf die Fragen der Gegenwartskunst: Was wollen eigentlich Bilder und was vermögen sie? Wie unterscheiden sich Formen künstlerischer Arbeit? Und wie funktioniert der Wissensaustausch mit Hilfe von Bildern zwischen dem lokalen Ort, an dem sie entstanden sind, und der globalen Öffentlichkeit, die der Adressat ist?
Auf diese Weise werden die Rahmenbedingungen geklärt, unter denen Kunst heute entsteht. Zugleich wird möglicherweise sichtbar, welche Künstler in ihren Werken diese Themen und Strategien aufgreifen. Das heißt in der Konsequenz für Schöllhammer und Buergel: Mit Hilfe der Diskussionen wird im Idealfall eine Ebene geschaffen, auf der die für die heutige Situation wichtigen Künstler für die Kuratoren wie von selbst erkennbar werden.
HNA, 31. 5. 2005

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