Der kanadische Video-Künstler Stan Douglas (Jahrgang 1960) soll im Herbst den Kasseler Arnold-Bode-Preis erhalten. Douglas war 1992 und 1997 in der documenta vertreten.
KASSEL Auf Vorschlag von Okwui Enwezor, dem künstlerischen Leiter der Documenta 11, hat das Kuratorium der Arnold-Bode-Stiftung den aus Vancouver stammenden Video-Künstler Stan Douglas als nächsten Preisträger nominiert. Der Bode-Preis, der mit 15000 Mark dotiert ist, wird zum 16. Mal verliehen. Mit ihm werden seit über 20 Jahren regelmäßig Künstler ausgezeichnet, die vor allem durch ihre documenta-Beiträge hervorgetreten sind. Aus Anlass der Preisverleihung im Herbst sollen Werke von Douglas präsentiert und ein Katalog herausgegeben werden. Die Jury hat sich damit für einen der international besten und beständigsten Video-Künstler entschieden, der allerdings noch nicht ganz den Ruf eines Gary Hill oder Bill Viola erlangt hat. Stan Douglas ist ein Künstler, der das Medium, mit dem er arbeitet, zum Thema einer kritischen Reflexion macht. Doch wenn er über das Wesen des Films und der Videotechnik nachdenkt, macht er das nicht analytisch, sondern mit der gleichen erzählerischen Haltung wie ein Autor oder Regisseur, der eine Geschichte vorführen will. Auch er schafft eine Konstruktion von Wirklichkeit, aber er lässt sie durchsichtig werden. Am Anfang steht bei ihm die Unterhaltung, die Illusion. Man denke nur an seine Video-Installation zur documenta IX (1992) zurück. Da wurde man im Museum Fridericianum von weitem schon von beschwingten Jazz-Klängen angelockt. Man sah Raumprojektionen von Jazz-Musikern, die in Großaufnahmen beim Konzert zu sehen waren. Aber etwas stimmte nicht: Wenn man den Saxophonisten sah, hörte man den Drummer, und war der Drummer zu sehen, rückte der Saxophonist ins Bild. Hatte man das registiert, zerbrach die Illusion. Es wurde bewusst, wie manipulierbar die Filmtechnik ist und wie bereit unsere Wahrnehmung ist, das Falsche als das Richtige zu konsumieren. Auch seine Arbeit Der Sandmann, mit der Stan Douglas die Besucher 1997 zur documenta X im Ottoneum in seinen Bann zog, bezieht ihre Kraft aus der Desillusionierung. E.T.A. Hoffmanns gleichnamige Erzählung wird in die Zeit übertragen, in der sich die DDR auflöste. Die Zuschauer sehen sich einer doppelten, parallelen Filmprojektion gegenüber, die phasenverschoben die gleichen Bilder liefert. Die von einem Schauspieler im nackten Studio vorgetragene Sandmann-Geschichte illustriert die fantastische Erzählung durch Bilder aus der banalen Schrebergartenwelt. Indem die Kamera nach Art der Panorama-Aufnahmen Schwenks im Kreise vollzieht, werden die Zuschauer ähnlich wie die Hauptfigur der Erzählung Gefangene der Projektion. Das heißt: Douglas gelingt es, mit Hilfe der Technik die komplexe Struktur der Erzählung auf das Medium selbst zu übertragen und gleichzeitig die Verstärkung der Täuschungseffekte vor Augen zu führen. Anlässlich des 100. Geburtstages von Arnold Bode ist der Bild- und Dokumentationsband Arnold-Bode-Preis 1980/2000 , Jonas Verlag, Marburg, 124 S., 49 Mark, erschienen. Der Band stellt alle bisherigen 15 Preisträger ausführlich vor.
HNA 16. 2. 2001