Klaus Staeck wird heute 65 Jahre alt Postkarten und Plakate als geistige Waffen
Etwas Wehmut war schon dabei, als der Anwalt und Grafiker Klaus Staeck im vorigen Jahr nur als Zaungast der Eröffnung der Documenta11 beiwohnte. Seit 25 Jahren hatte er die documenta in Kassel aktiv als Künstler und Aussteller begleitet. 1972, 1992 und 1997 präsentierte er seine politisch-kritischen Arbeiten im Umfeld der documenta auf dem Friedrichsplatz. Dazwischen war er drei Mal offiziell als Künstler in der Ausstellung vertreten. Im Jahre 2002 aber hatte er keinen angemessenen Standort für seine Plakat- und Postkarten-Präsentation gefunden. Dass seine Arbeiten Kunst sein sollten, hatte stets viele Konservative und CDU-Mitglieder gewurmt. Schließlich ist der in Heidelberg lebende Staeck vehementer SPD-Wahlkämpfer. Außerdem wenden sich viele seiner satirischen Arbeiten gegen die CDU und deren Repräsentanten. So wurde oftmals versucht, die Ausstellungen von Staeck zu verhindern. Legendär wurde die Aktion von Unionsabgeordneten in Bonn, unter ihnen der spätere Bundestagspräsident Philipp Jenninger, die 1976 in der Parlamentarischen Gesellschaft Staeck-Plakate von den Wänden rissen. Voller Stolz weist Staeck darauf hin, dass er bisher keinen gegen ihn angestrengten Prozess verloren habe. So scharf und klar wie seine Sprechweise ist sein Denken. Deshalb wurde er dank seiner Aktion für mehr Demokratie zum Wortführer zahlreicher Initiativen gegen Unrecht und für Frieden. Gleichermaßen war er ein Freund und Parteigänger von Joseph Beuys. Die Kunst von Staeck besteht darin, dass er einprägsame Bilder und Sprüche so zusammenbringt, dass sie sich auf Anhieb im Bewusstsein festsetzen. Normalerweise wählt Staeck dabei Formulierungen, die das Gegenteil von dem besagen, was sie meinen. Beispielsweise zeigte eine Postkarte eine Männerriege im früheren Bundestag; der begleitende Text lautete: Jeder zweite Abgeordnete ist eine Frau. Unübertroffen ist seine Grafik von 1972 zur innenpolitischen Auseinandersetzung: Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen. Klaus Staeck, der am Rande von Kunstmärkten und Großausstellungen mit seinem Bruder Rolf als Galerist auftritt, stammt aus der Nähe von Dresden. Heute wird er 65 Jahre alt und steckt immer noch voller Kampfgeist. Dass ihn viele als Feind begreifen, weiß er. Dennoch hat er viel zur Entwicklung der politischen Kultur, des kritischen Bewusstseins und zur Plakatkunst beigetragen. Er hat die Postkarte als künstlerisches Medium vorangebracht.
HNA 28. 2. 2003