Der amerikanische Maler und Bildhauer Cy Twombly wird heute 75 Jahre alt
Seine Bilder erzielen die höchsten Preise. Bis zu fünf Millionen Dollar wurden schon für ein Gemälde des amerikanischen Malers und Bildhauers Cy Twombly bezahlt. Er war regelmäßig auf Großausstellungen wie der documenta vertreten. Auch hat er die wichtigsten Auszeichnungen erhalten darunter den Goslarer Kaiserring und den japanischen Kulturpreis Praemium Imperiale. Trotzdem ist Cy Twombly, der heute 75 Jahre alt wird, alles andere als populär. Man kann sagen, dass seine Malerei, die von Museumsleuten so hoch geschätzt wird, beim breiten Publikum wenig oder kein Verständnis findet. Anders verhält es sich mit seinen meist weißen Skulpturen, die die traditionelle Formensprache aufnehmen. Die Vorurteile, die es in Bezug auf die moderne (abstrakte) Malerei gibt, scheinen sich in dem Werk von Twombly zu bestätigen. Seine Kompositionen wirken erst einmal wie das Gegenteil von Kunst. Die Bilder ähneln Wänden oder Tafeln, auf die gekritzelt und Farbe geschmiert worden ist. Man könnte meinen, da habe jemand zu zeichnen oder zu malen begonnen, dann aber abgebrochen. Es ist, als habe der Künstler seine Bilder eingekreist, ohne sie zu fassen oder sie zu verdichten. Erst dann, wenn man sich der Mühe unterzieht, die Gemälde nicht als kindliche Krickeleien abzutun, sondern sie genauer anschaut, erkennt man, dass unter der sich beliebig gebenden Oberfläche eine kultivierte Malerei liegt. Es handelt sich um eine Malerei, die vielschichtig angelegt ist und die das Malen selbst zur Diskussion stellt. Twombly, dessen künstlerische Anfänge in den 50er-Jahren liegen, kommt vom abstrakten Expressionismus her. Er ist der Künstler, der konsequent die Abstraktion an ihr logisches Ende führte, indem er die in sich schlüssigen Bilder auflöste und sich auf Kürzel und Formeln zurückzog. Da er dies aber mit geradezu klassischen Mitteln (Leinwand, Ölfarbe, Kreide, Bleistift) tat, entstanden dennoch in sich stimmige Bilder. Ist man in der Auseinandersetzung so weit vorgedrungen, kann man vielleicht auch ein Gespür für die Poesie entwickeln, die sich in Twomblys Bildern entfaltet und die in der Beschäftigung mit den antiken Mythen entstanden ist. Die Tatsache, dass Twombly 1957 von New York nach Rom übersiedelte, hatte für sein Werk nachhaltige Folgen. Viele seiner Gemälde wirken farbleer oder farbig verhalten. Umso mehr überraschte er, als er vor zwei Jahren in der Biennale von Venedig einen Gemäldezyklus zur Schlacht von Lepanto vorstellte, in dem die Farben zu explodieren scheinen. Man sieht vor zartblauem Hintergrund die gelbroten Flammen brennen und das Blut runterfließen. Für Twomblys Verhältnisse waren das expressive, ans Gegenständliche rührende Gemälde. In seinem Bildzyklus hatte er sich zudem für ein Thema von neuer Aktualität entschieden. Die Seeschlacht von Lepanto im Jahre 1571 steht für die blutige Konfrontation von christlich-westlicher und islamisch-orientalischer Welt.
HNA 25. 4. 2003