Neustart mit Fluxus-Schau

Kasseler Fridericianum nach D11wieder auf Normalkurs- René Blocks Vier-Jahres-Programm

KASSEL. Drei Monate nach Ende der Documenta11 beginnt im Kasseler Museum Fridericianum wieder der Kunsthallenbetrieb. René Block (60), der als Kunsthallen-Direktor für ein weiteres Vier-Jahres-Programm verpflichtet wurde, startet mit seinem Lieblingsthema mit der Kunst der vor 40 Jahren entstandenen Fluxus-Bewegung. Block besitzt selbst eine ansehnliche Fluxus-Sammlung, drei Mal (zuletzt in diesem Herbst) hat er in Wiesbaden Fluxus-Ausstellungen organisiert und er hat (zusammen mit Gabriele Knapstein) für das Stuttgarter Institut für Auslandsbeziehungen eine Ausstellung Fluxus in Deutschland zusammengestellt. Diese Schau hatte 1995 in Gera und Istanbul Premiere; zuletzt wanderte sie durch Asien. Bevor sie nächstes Jahr in Island gezeigt wird, macht sie vom 14. Dezember bis 23. März im Fridericianum Station. Die Fluxus-Bewegung ist eine Kunstrichtung, die alle starren Grenzen aufhebt. Bild, Wort, Sprache, Musik und Aktion verbinden sich und gehen ineinander über. Es ist eine spielerische Protestbewegung, die das konventionelle Kunstsystem infrage stellt. Mittlerweile ist die Fluxus-Bewegung dermaßen etabliert, dass sie eine eigene, immer noch mit Leben erfüllte Kunsttradition hervorgebracht hat. Zu den prominentesten Fluxus-Künstlern zählen Joseph Beuys, Wolf Vostell, Ben Vautier, Nam June Paik, Joe Jones und George Maciunas. Vom 18. Januar bis 23. März wird die Fluxus-Schau durch die Ausstellung Christian Marclay Video Quartet ergänzt. Marclay wird, wie Block in einem Gespräch mit unserer Zeitung erläuterte, eine Video-Skulptur zeigen, in der sich Filmfragmente und Musik mischen. Beim Ausstellungs-Programm für das kommende Jahr musste Block improvisieren, da ursprünglich die Staatlichen Museen Kassel in Zusammenarbeit mit Wintershall in der Kunsthalle eine kulturgeschichtliche Jagd-Ausstellung aus Russland zeigen wollten. Aus Kostengründen aber auch deshalb, weil derzeit mehrere repräsentative Jagd-Ausstellungen in Deutschland vorbereitet werden, kommt die Schau nicht nach Deutschland, sondern wird nur in Moskau gezeigt. Das bedeutete für Block, dass er kurzfristig zusätzliche Projekte einplanen musste. Dabei kam ihm entgegen, dass er für die Zeit bis 2006 vorhat, verstärkt mit jungen Ausstellungsmachern (Kuratoren) zusammenzuarbeiten und ihnen einzelne Projekte zu übertragen. So wird vom 29. März bis 18. Mai in Kooperation mit dem New Yorker Apex ein Projekt vorgestellt, bei dem junge Kuratoren eine eigenständige Ausstellungskonzeption umsetzen können. Zeitgleich wird das Werk des Amerikaners Ray Johnson (1927-1995) vorgestellt, der als ein Pionier der Mail-art (Kunst auf dem Postweg) gilt. Nachwuchs-Kuratoren sind ebenfalls eingebunden, wenn vom 31. Mai bis 13. Juli wieder Kunststudenten vorgestellt werden (Arbeitstitel Rundgang). Parallel dazu werden Klanginstallationen von Terry Fox zu sehen sein. Das Schwerpunkt-Projekt des Jahres 2003 wird vom 31. August bis 23. November unter dem Titel In den Schluchten des Balkan laufen. Nachdem Block festgestellt hatte, dass sich die Documenta 11 nicht intensiv den Balkan-Ländern widmen würde, entschied er sich, rund 40 Künstler aus dem Südosten Europas nach Kassel einzuladen. Auch daran werden junge Kuratoren mitwirken. Möglich wird das Projekt durch die massive Unterstützung der Bundeskulturstiftung. Sie sorgt durch ihre Finanzierung auch dafür, dass aus der Initiative keine Einbahnstraße wird. Sie stellt dafür Geld bereit, dass nach der Ausstellung in den einzelnen Ländern Kunstprojekte realisiert werden können.
HNA 21. 12. 2002

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