Eindrücke von der Art Cologne, der Kunstmesse in Köln Starke Einflüsse der Fotografie
KÖLN. Die documenta-Ausstellungen der Jahre 1997 und 2002 konnten glauben machen, die Malerei sei ein überholtes Medium. Auch die jetzt in der Kunsthalle Fridericianum laufende Ausstellung In den Schluchten des Balkan versammelt Künstler, die nur in Ausnahmefällen zu Papier und Stift oder Leinwand und Pinsel greifen. Der Markt jedoch spricht eine deutlich andere Sprache. Für ihn war die Malerei nie tot. Das mag nicht nur daran liegen, dass es immer noch so viele Künstler gibt, die der Malerei neue Ausdrucksmöglichkeiten abgewinnen. Genauso wichtig dürfte sein, dass private Sammler wohl mit einem gemalten Bild besser und direkter umgehen können als mit einer Video-Arbeit. Schon die beiden jüngsten Kunstmessen in Frankfurt hatten ein Wiedererstarken der Malerei dokumentiert. Überraschend dabei war, dass gerade die jüngeren, experimentierfreudigen Galerien auf die Malerei in allen ihren Spielarten setzten. Die 37. Kölner Kunstmesse, die Art Cologne, bestätigt und verstärkt diesen Trend. Das erneute Aufblühen einer alten Technik ist aber nicht mit einer bloßen Rückwendung zu verwechseln. Natürlich gibt es auch so etwas wie unentwegte Neuauflagen und Wiederholungen. Der Satz allerdings, dass alles schon einmal gemalt sei, gilt nur bedingt. Die Erfolge der Videokunst und der Fotografie haben nämlich dazu geführt, dass viele Künstler durch die Auseinandersetzung mit den optischen Medien ihr Verhältnis zur Malerei neu definiert haben. Der fotografische Blick hat in der Malerei (und Zeichnung) die erzählerischen Momente wieder hochkommen lassen und hat eine Basis für das Dokumentarische geschaffen. Die Frage, ob gegenständliches oder realistisches Malen erlaubt sei, stellt sich nicht mehr. Für das lebhafte Wechselgespräch zwischen Malerei und Fotografie ist Sabine Dehnel ein gutes Beispiel. Sie malt monumentale Gemälde nach fotografischen Vorlagen, fotografiert Szenen, in denen sie Teilstücke bemalt hat, und arbeitet dann wieder malerisch zu Fotografien. Auch Slawomir Elsner, der im vorigen Jahr sein Studium an der Kunsthochschule als Meisterschüler beendet hat, nimmt Fotos als Grundlage für seine Malerei. Allerdings zögert man, bei ihm vom Malen zu sprechen, da er mit Farbstiften zeichnet. Elsner hatte im Sommer den 2. Preis beim Kunstwettbewerb des Marburger Kunstvereins gewonnen. Jetzt gehört er in Köln zu den ausgewählten 19 jungen Künstlern, denen im Förderprogramm ein eigener Stand ermöglicht wird. Elsner zeigt dort erschreckende Landschaften Bilder aus dem Irak-Krieg. Diese Arbeiten gewinnen durch den Wechselbezug von Fotografie und zeichnerischer Oberfläche eine Spannung, die über das bloß Dokumentarische hinausweist. Es wird nicht nur viel, es wird auch groß gemalt. Die außerordentlich schönen Monumentalgemälde von Anselm Kiefer, Ben Willikens oder Jerry Zeniuk sind nur für riesige Hallen und Museen denkbar. Die Tendenz zur figürlichen Sprache erfasst auch Bildhauer. Auf der einen Seite sieht man faszinierende Kleinplastiken, auf der anderen anrührende Großskulpturen. Eine bemerkenswerte Serie von in sich ruhenden klassischen und doch ganz modernen Figuren präsentiert Hanneke Beaumont. Die Art Cologne hatte in den vergangenen Jahren ihr Profil durch die Sonderausstellung von Großskulpturen geschärft. Wohl gibt es in diesem Jahr wieder eine entsprechende Abteilung, doch sie ist verkleinert und schwach besetzt.Wahrscheinlich ist das Thema erst einmal erschöpft, so dass man nach anderen Sonderthemen Ausschau halten muss. Die Kunstmesse mit ihren 250 Galerien wirkt stabil und lebendig. Aber sie hat Zukunftssorgen, da sie wahrscheinlich schon bald die gewohnten, zur Innenstadt nahen Hallen verlassen muss. Der Grund: Das Gelände ist RTL zur Nutzung zugesagt worden.
HNA 30. 10. 2003