Arbeiten von Terry Fox und Germaine Kruip in der Kasseler Kunsthalle Fridericianum
KASSEL. Vor fünf Jahren widmete die Kasseler Kunsthalle dem katalanischen Sprach- und Bildpoeten Joan Brossa eine Werkschau. Seine Objekte waren ebenso geheimnisvoll wie pointiert-heiter. Unwillkürlich wird man daran erinnert, wenn man in der Kasseler Kunsthalle Fridericianum durch die Ausstellung von Terry Fox geht. Einige Objekte und Installationen sind voller Rätsel, andere Arbeiten verführen zum Schmunzeln (ohne dass man sie immer entschlüsseln könnte). Und stets schwebt ein Hauch von Leichtigkeit und Poesie über den Arbeiten. Um ein anschauliches Beispiel zu geben: Da steht aufgerichtet ein präparierter Fuchs, dessen Vorderpfoten wie auf einem Vortragspult ruhen. Er scheint eine Rede zu halten. Aber die daneben stehende leere Flasche lässt unsere Gedanken in die verschiedensten Richtungen ausschweifen, um vergeblich eine eindeutige Antwort zu suchen. In einer anderen Arbeit hat Terry Fox das Symbol der sowjetischen Kommunisten, Hammer und Sichel, aus realen Werkzeugen nachgestaltet. Doch oben in dem Sichelgriff locken zwei Dollarnoten als die Rettung oder Verführung der Sozialisten. Terry Fox ist ein Künstler, der die Sprache der Kunst zergliedert, zu den Grundformen zurückkehrt und dabei alle Medien und Techniken zwischen Musik, Zeichnung, Objektkunst und Video nutzt. Die Sätze führt er auf Worte und Buchstaben zurück wie in der einen ganzen Raum füllenden Installation aus unendlichen Buchstabenfolgen, die durchaus sinnvolle Wortfolgen und Botschaften enthalten. Fox kommt von der Aktion her. In seinen Anfängen ist er der Fluxus-Bewegung nahe; schon 1970 arbeitete er mit Joseph Beuys zusammen. Aber er hat sich mehr und mehr dem Objekt und der Sprache zugewandt. Die Kasseler Ausstellung profitiert davon, dass die ganze Breite seines Schaffens zu besichtigen ist. So sind völlig unterschiedliche Räume und Klimata entstanden. In ihnen lernt man, die Buchstaben und Formen neu zusammenzusetzen und die Welt von Grund auf in einer anderen Weise zu erfahren. Oft genug erkennt man dabei, dass man sich keineswegs auf sicherem Grund bewegt. Die gläsernen Sprossen einer Leiter sind bestenfalls dazu geeignet, Gedanken und Träume hochsteigen zu lassen. Doch bei allen surrealen Spielen lädt Fox nicht zur Weltflucht ein. Zur guten Tradition der Ausstellungspolitik von René Block gehört, dass er ergänzend Raum für jüngere Künstler gibt. Unter dem Stichwort Portal stellt sich Germaine Kruip vor. Sie hat für einen Saal ein riesiges Lampen-Rechteck unter die Decke gehängt. Man könnte leicht achtlos unter dem heller und dunkler werdenden Lichtarrangement hindurchgehen, würde man nicht entdecken, dass die Installationsklappen im Fußboden dank verborgener Mikrofone zu Trommeln ( die man mit den Füßen bespielen kann) erweckt werden können. Am besten funktioniert das, wenn man das in der Gruppe gemeinsam ausprobiert. Dann erfüllt sich der Raum mit Klang und auf einmal spürt man eine gewisse Nähe zu der einen oder anderen Arbeit von Fox.
HNA 10. 6. 2003