Ein Malerfürst

Seine Bilder werden geschätzt, aber die Ausstellungsmacher schneiden ihn und viele Museen haben seine Gemälde in den Depots versteckt. Werner Tübke, der heute sein 70. Lebensjahr vollendet, wird doppelt gestraft – dafür, daß er dem SED-Regime diente, und dafür, daß er mit seiner Malerei an die Kunst der Renaissance anknüpft, also antimodern malt.
Ob ihn das verletzt, läßt Tübke nicht erkennen. Erhobenen Hauptes zieht er sich in sein Atelier zurück, stürzt sich in seine Arbeit und blickt wie ein Malerfürst auf ein Werk, das unvergleichlich ist. Wie kein zweiter konnte er sich selbst ein Denkmal setzen – mit dem im Wendejahr 1989 vollendeten Bauernkriegspanorama in Bad Frankenhausen, das nun auch ein Denkmal für das kulturelle Selbstverständnis der untergegangenen DDR ist. Auf diesem 1700 Quadratmeter großen Rundgemälde ist zu überprüfen, daß Tübke kein bloßer Traditionalist ist, sondern gedanklich und stilistisch eine Brücke von der Renaissance in die Gegenwart schlägt. Seine altmeisterlich scheinende Malerei kann überraschend spröde und modern werden. Das Panoramamuseum in Bad Frankenhausen würdigt mit einer Retrospektive bis 31. Oktober Tübkes malerisches Werk.
Der aus Schönebeck stammende Künstler war von 1972 an Professor an der Akademie in Leipzig, bis er sich dann von 1976 bis 1989 ausschließlich dem Panorama widmete. 1977 waren in der documenta Bilder von Tübke zu sehen.

HNA 30. 7. 1999

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