Auge von Blase

KASSEL Als siebtes Monument soll eine Betonplastik von Karl Oskar Blase im Bereich der Künstler-Nekropole im Habichtswald (rund um den Blauen See) in diesem Frühjahr errichtet werden. Der Gestalter, Maler, Grafiker und frühere Kunsthochschul-Professor Blase hat als sein Grabmonument einen 1,46 Meter hohen Pfeiler entworfen, auf dem ein 1,80 Meter breites und 70 Zentimeter tiefes Auge quer gelagert ist. Die Pupille ist auf der einen Seite konkav, auf der anderen Seite konvex. Der Standort soll in der Nähe des Monuments von Heinrich Brummack gewählt werden, der eine große Vogeltränke gestaltet hat. Karl Oskar Blase hat in über vier Jahrzehnten für wesentliche Einrichtungen der Stadt, auch zeitweise für die documenta, deren visuelles Erscheinungsbild gestaltet. Er war ein langjähriger Kollege und Wegbegleiter von Kramer. Um die Fortentwicklung der von Harry Kramer begründeten Künstler-Nekropole war es in den letzten Monaten erschreckend ruhig geworden. Offenbar ist es wohl doch nicht so einfach, namhafte Künstler dafür zu gewinnen, zu Lebzeiten ihr eigenes Grabmonument zu schaffen und sich dann in der Nekropole bestatten zu lassen. Auch wird spürbar, dass die treibende Kraft Harry Kramers fehlt, der 1997 starb und als Erster (allerdings an einer nicht gekennzeichneten Stelle) dort begraben wurde. Bis zur nächsten documenta soll nach Auskunft der Stadt ein weiteres Monument realisiert werden. Ursprünglich hatte Kramer geplant, die 1992 begründete Nekropole jährlich durch zwei weitere Monumente zu erweitern. Insgesamt sollen laut Vertrag mit dem Land Hessen maximal 40 Einzelobjekte entstehen. Die Künstler-Nekropole, die am besten von der Ahnatalstraße oberhalb der Rasenallee erreicht wird, ist durch eine Orientierungskarte am Parkplatz Blauer See gut gekennzeichnet. Sie zieht regelmäßig Besucher an, ist allerdings längst nicht so überlaufen, wie Naturschützer befürchteten. Seit einiger Zeit liegt auch ein Buch vor, das die Geschichte der Nekropole ausführlich dokumentiert und die Grabmonumente vorstellt: Dirk Eckart Die Kasseler Künstlernekropole (Libri Books on Demand, ISBN 3-89 811-600-X, 232 S., 29,80 Mark). Eckart hat das Buch als Magisterarbeit verfasst und bietet es kunstinteressierten Spaziergängern als Lektüre an. In der Tat handelt es sich dabei um die bisher umfassendste Darstellung und um die beste Handreichung für die praktische Nutzung. Das Buch beantwortet die wichtigsten Fragen zum Konzept und zu den Künstler-Arbeiten, und es vermittelt gute Orientierung. Damit aus dem Band aber ein richtiger Führer werden kann, müsste der Text noch deutlicher aus der allzu wissenschaftlich-sachlichen Ecke herausgeholt und lesefreundlicher gemacht werden. Vieles bleibt zu trocken.
HNA 6. 3. 2001

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