Er hat noch einen Bus in Kassel

Der frühere Galerist und Ausstellungsleiter René Block erhält heute den Hessischen Kulturpreis

KASSEL. Im Jahr 1968, zur documenta 4, machte der Berliner Galerist René Block mit seinem grauen VW-Bus in Kassel Station und parkte neben dem Museum Fridericianum. Der Bus war voll geladen mit Bildern und Objekten, die zu einer Ausstellung transportiert werden sollten.
Block war damals als 26-Jähriger einer der jüngsten Galeristen Deutschlands und einer der wichtigsten Vermittler der deutschen Avantgarde, zu denen Joseph Beuys, Gerhard Richter, Sigmar Polke und Wolf Vostell gehörten. Acht Jahre später kehrte der graue Bus von Block nach Kassel zurück – nicht mehr als Transporter, sondern als Teil des von Joseph Beuys gestalteten Kunstobjekts „Das Rudel“ (The Pack): Aus dem Bus kommt ein Rudel Schlitten heraus, alle mit einer Taschenlampe, einer Filzdecke und einer Fettecke ausgestattet. Das Werk wurde die Hauptattraktion des Beuys-Raumes, der 1976 in der Neuen Galerie in Kassel gestaltet wurde.
Weitere 21 Jahre später kam René Block selbst nach Kassel, um für neun Jahre die Leitung der Kunsthalle Fridericianum zu übernehmen. Seine Berufung im Jahre 1997 war ein Glücksfall, nicht nur aus den biografischen Gründen. Block war nämlich mittlerweile zum international gefragten Ausstellungsleiter geworden, der das Zeug dazu gehabt hätte, die documenta zu organisieren. Block fand den richtigen Weg, sich mit seinen Ausstellungen auf documenta-Niveau zu begeben, ohne zu versuchen, der documenta Konkurrenz zu machen. Er wandte sich gern der Kunst der 60er-Jahre, insbesondere der Fluxus-Bewegung, zu, um von ihr Bezüge zur aktuellen Kunst in Europa und an den Rändern der westlichen Welt zu suchen.
Gleich mit seiner Eröffnungsausstellung „Echolot“, in der Block 1998 neun Künstlerinnen präsentierte, setzte er Maßstäbe. Es folgten heitere und poetische Ausstellungen, auch liebte es Block, immer wieder die Verbindungen von Kunst und Musik herzustellen. Zu einem weiteren folgenreichen Höhepunkt wurden seine Balkan-Ausstellungen, die für die Künstler der Balkan-Länder geradezu identitätsstiftend waren.
Darüber hinaus wandte sich Block in den vergangenen Jahren intensiv der Nachwuchspflege zu. Jungen Kunstwissenschaftlern gab er die Möglichkeit, eigene Ausstellungen unter seiner Regie zusammenzustellen. Dadurch gab er den Jüngeren Chancen und öffnete zugleich das Fridericianum für neue Sichtweisen.
Vor wenigen Tagen wurde Block 65 Jahre alt. Heute erhält er für seine pionierhafte Arbeit zusammen mit dem früheren Direktor des Frankfurter Städel, Prof. Klaus Gallwitz, und dem Frankfurter Kunsthistoriker Prof. Klaus Herding in der Mainmetropole den Hessischen Kulturpreis.
Für Block mag die Auszeichnung eine kleine Genugtuung sein. Denn als beim Auslaufen seines Vertrages eine Diskussion über die Zukunft der Kunsthalle Fridericianum begann, wurde er nicht einbezogen. Dabei macht er einen viel versprechenden Vorschlag. Er plädiert dafür, den Kunsthallenbetrieb auf das Erdgeschoss und die erste Etage zu beschränken. Im zweiten Stock hingegen sollte man – mithilfe von Leihgaben – ständig Werke des 20. Jahrhunderts zeigen. Diese Schau könnte zum Kern eines Museums für aktuelle Kunst werden.
HNA 30. 3. 2007

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