Der erste Künstler stellt sich vor

Mit einem achtseitigen Künstlerheft, das aussieht wie ein Werbeprospekt, stellt sich Thomas Hirschhorn als erster Künstler der Documenta 11 vor. Die Publikation wird weltweit kostenlos verteilt.

KASSEL Das Team der Documenta 11 beginnt jetzt damit, erste Künstler und deren Arbeiten vorzustellen. Damit wird die politisch-theoretische Vorbereitung der Plattform-Veranstaltungen durch eine visuelle ergänzt. Insgesamt sollen bis zum Sommer 2002 zehn Publikationen dieser Art erscheinen. Es handelt sich um jeweils achtseitige Drucke im DIN-A3-Format, die auf den ersten Blick wie Werbeprospekte wirken. Sie werden von den Künstlern in eigener Regie gestaltet und enthalten keinerlei kommentierende Texte der Herausgeber. Allerdings werden an den Verteilstellen kleine Informationsblätter ausgelegt, die den Zusammenhang mit der Kasseler Ausstellung kurz erklären. ||||Die Documenta 11 arbeitet dabei mit der rund um die Welt tätigen Mode-Boutiquen-Kette agnes b. zusammen, die seit langem Künstlerförderung betreibt und bereits über 20 solcher von Künstlern gestalteten Publikationen (unter dem Titel point dironie) herausgegeben hat. Das Gros der beteiligten Künstler war an einer documenta beteiligt wie Gilbert & George, Christian Boltanski, Hans-Peter Feldmann, Gabriel Orozco, Louise Bourgeois, Lawrence Weiner oder Rosemarie Trockel.||||Normalerweise werden die Künstlerhefte in einer Auflage von 100000 Stück hergestellt und in den Läden von agnes b. ausgelegt. Für die Zusammenarbeit mit der Documenta 11 wurde die Auflage auf 300000 erhöht. Die Drucke sollen zusätzlich unter anderem in der Kunsthalle Fridericianum und anderen Galerien und Museen ausgelegt werden.||||Den Anfang für die Documenta 11 macht Thomas Hirschhorn, ein 1957 in Bern geborener Künstler, der heute in Paris lebt. Hirschhorn war 1997 an der Skulpturen-Ausstellung in Münster beteiligt und hatte 1999 für die Biennale in Venedig eine große Raumarbeit geschaffen. Hirschhorn reflektiert in komplexer Weise die Probleme der Welt und der Kunst. Häufig setzt er sich mit Monumenten spielerisch auseinander. Die Raum-Installation Flugplatz Welt, die er für Venedig entwickelt hatte, erscheint wie ein vorausschauender Kommentar zur gegenwärtigen politischen Situation: Auf einer riesigen Tischplatte hatte er Flugzeugmodelle internationaler Fluggesellschaften aufgestellt und durch Plastikbänder Verbindungen zu Tafeln an den Seitenwänden hergestellt, auf denen er in Foto- und Textdokumenten an die großen Konflikte, an die Religionen sowie Unglücke erinnerte. ||||Die nun vorliegende Publikation stellt sein 1999 in Amsterdam, direkt im Rot-Licht-Viertel, realisiertes Denkmal-Projekt vor, das er dem dort geborenen jüdischen Philosophen Spinoza (1632 – 1677) gewidmet hatte. So, wie Hirschhorn seine Arbeiten immer beiläufig und unfertig erscheinen lässt, indem er sie mit Plastikfolien und Klebestreifen überzieht, so wirkt die Publikation mit ihren Text-Bildcollagen und den kindlich-unbeholfenen handschriftlichen Erläuterungen chaotisch. Doch in dem scheinbaren Chaos steckt viel Brisanz. Zur Documenta 11 wird Hirschhorn ein Bataille Monument verwirklichen. ||||Die komplette Künstlerliste will die Documenta 11 im April 2002 präsentieren.
HNA 16. 10. 2001

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