Das Malen als Abenteuer

Der Künstler Maarten Thiel starb im Alter von 63 Jahren

KASSEL. Er war voller Pläne. Größere Kunst-am-Bau-Projekte sollten zu Ende geführt werden. Und im Atelier warten, wie üblich, gleich mehrere Gemälde auf ihre Vollendung. Die Bilder sollten wachsen, vor allem mussten sie sich immer neu vor dem kritischen Auge des Künstlers behaupten. Doch nun werden sie den letzten Strich nicht mehr erhalten: Im Alter von 63 Jahren erlag Maarten Thiel seinem Krebsleiden.

Der Zeichner, Grafiker und Maler Maarten Thiel war in Kassel eine künstlerische Institution. Er hatte, unterstützt von seiner Frau, einen großen Kreis von Sammlern gefunden, und konnte auch im Laufe der Jahre mit Farbgestaltungen in öffentlichen Gebäuden Zeichen setzen. Vor allem mit seinem Farbprogramm für die Neubauten des Elisabeth-Krankenhauses schuf er neue Maßstäbe, weil er mit Hilfe der Farben Leitsysteme entwickelte.

Der aus Amsterdam stammende Thiel, der 20-jährig nach Kassel kam und erst als Anstreicher und später zeitweise als Lehrer arbeitete, bevor er sich als freier Künstler niederließ, hatte lange geschwankt, ob er Biologe werden oder seinem zeichnerischen Trieb nachgehen sollte. Bis zum Schluss, auch in der Phase, in der er zu einer ganz freien, abstrakten Malerei gefunden hatte, blieben Thiels Nähe zur Natur und seine Lust an der Botanik in seinen Bildern spürbar: Blätter und Gräser sowie Palmen und Flechtwerk tauchten als Motive ebenso auf wie Dreiecke, Pyramiden und Segel.

Maarten Thiel vereinte zwei Naturen in sich. Zum einen wollte er erzählen. So begann er in Kassel als ein Grafiker, der dem Phantastischen zugeneigt war und auch ein Zwischenspiel als handfester Realist hatte. Dann wieder wollte er großflächig gestalten und sich nur mit der Farbe auseinandersetzen. Diese freie malerische Haltung bestimmte zuletzt sein Schaffen. Zeichnen und Malen waren für ihn Abenteuer. Er wusste, was er wollte, ahnte aber nicht, wohin ihn die Arbeit an einem Bild führen würde. Er beherrschte seine Kunst meisterhaft und hatte gerade deshalb Angst vor der Routine.

HNA 24. 9. 2008

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