Annäherung an die Mythen

Die Mauern sind versunken, der Schlachtenlärm ist in der Tiefe verhallt. Dünne Schichten nur künden von tapferen Helden und verlorenen Reichen, Spuren lesen im Staub, den der große Wolkensammler durcheinander geweht hat? Wie dringt man malend in die Geschichte ein und wie in die Mythen? Und überhaupt: Wie malt man?
Pitt Moog war 28 und mit dem Studium bei Arnold Bode und Fritz Winter eben fertig, als er erstmals in jene Landschaften kam, in denen die antiken Mythen noch lebendig sind. Homers Verse im Kopf — zu den Ruinenfeldern: Troja. Das Braun der Erde, das Gelb, das Beige und das Weiß und mittendrin kräftige Spuren von Schattenschwarz.
Der junge Maler näherte sich seinem Thema, das ihn ein Künstlerleben lang beschäftigen sollte. Aber noch war er nicht angekommen, tastete sich vorsichtig heran. Der Staub und die Steine als Zeugen des Mythos: Moog atmete den Dunst der Geschichte ein und setzte die Impressionen in monumentale Kleinformate um. Mit dünnen Ölfarben, tast dem Aquarell verwandt, schuf er auf den Rückseiten von Einladungskarten transparente Bilder, die reine Malerei sind — freie Kompositionen geschichteter und gegeneinander gesetzter Formen und Blöcke. Aber diese kleinen Gemälde beginnen auch schon ansatz- weise zu erzählen, unfigürlich zwar, aber mit deutlichen Gesten. Formationen deuten sich an und maskenhafte Verdichtungen. Moogs stete Wanderung zwischen gegenständlicher und völlig losgelöster Malerei ist herauszulesen. Siebzehn kleine Ölbilder sind 196D im Zusammenhang mit dieser Reise entstanden, dazu zarte poetische Zeichnungen, die torohaft sind, aber ins Räumliche verweisen.
Wie aber kommt der Künstler dazu, der Hunderte andere Bilder inzwischen geschaffen hat, 36 Jahre später die Troja-Folge zum Gegenstand eines Buches zu machen? Die Antwort ist einfach: Weil die Ausgrabung zur Entdeckung wird, weil diese Malerei ebenso zart wie entschieden ist, ebenso kraftvoll wie rätselhaft. Piff Moog, der damals am Antang stand, der viele Wegstrecken vor sich hatte, so zeigt sich rükkblickend, hatte seine Meisterschaft schon erreicht. Darum sind die Bilder so frisch und zeitlos.

1996

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