Das Aufbauteam als Kunstkollektiv

„M.F. Aufbau“ im Fridericianum

Sie arbeiten beständig beim Aufbau der Ausstellungen im Museum Fridericianum mit. Jetzt stellen sie sich mit einer eigenen Ausstellung vor:
„M.F. Aufbau“.

Es scheint vermessen, wenn sich die Ausstellungs-Aufbauhelfer einer Kunsthalle selbst zu Ausstellungsmachern und Künstlern erheben. Im Fall des Kasseler Museums Fridericianum allerdings gibt es für den Schritt der guten Geister im Ausstellungsbetrieb aus der Kulisse vor die Öffentlichkeit einen plausiblen Grund: Alle 14 Mitarbeiter der Technik, beim Hausmeister angefangen, sind Künstler bzw. haben eine künstlerische Ausbildung. Sie haben das Ausstellungsmachen im Blick auf ihre eigenen Vorstellungen reflektiert. So wurde die Idee zu dem Projekt „M.F. Aufbau“ geboren, das schon länger geplant war, nun aber zum Auslaufen des großen Programms im Fridericianum einen besonderen Schlußpunkt setzt.

Entstanden ist eine energiegeladene, anregende und vor allem amüsante Schau, die, obwohl sie nicht den Anspruch stellt, wegweisende Kunstwerke zu präsentieren, leicht die Vorgänger-Ausstellung „Oppositionen & Schwesternfelder“ in den Schatten stellt. Entscheidend für das Gelingen war der gemeinsame Ansatz, möglichst nicht fertige Bilder und Objekte aus dem Atelier mitzubringen, sondern – dem zeitgenössischen Kunstschaffen gemäß – vor Ort zu arbeiten, und zwar möglichst mit Materialien der Ausstellungstechnik. Die wenigen, die sich nicht daran gehalten haben, fallen mit ihren Arbeiten auch aus dem Rahmen heraus.

Die meisten Arbeiten und Räume vollziehen einen herrlichen Balanceakt zwischen parodierender und imitierender Aneignung prominenter Kunsthaltungen und Formulierungen einer eigenen Position. Olaf Hackl hat beispielsweise in der Rotunde eine Installation aus Transportdecken gestaltet: Decken als gespannte und frei- hängende Bilder, als Bodenstücke, als Lagerstapel und Vorhang. Elena Carvajal hat aus Elementen zum Bau von Zwischenwänden stille Raumbilder geschaffen, und Heino Goeb wartet mit Gemälden auf, die nichts anderes darstellen als die Farbe der ungestrichenen Zwischenwände. Aus der Technik wird Kunst, die Alltagsfarbe wird zur Malerei.

Unmittelbar auf die eigene Arbeit des Teams ist Jürgen Zähringers Raum bezogen. Er hat leere Transportkisten aufgestellt. Die Raummitte nimmt ein großer, mit blauem Pigment bestreuter Tisch ein; auf diesem blauen Teppich stehen Glastel1er mit braunem Pigmentpulver und Gläser mit rotem Farbstoff. Es ist ein leuchtendes Bild, das jenen guten Geist des Hauses ehrt, der in der Hektik immer auch für das leibliche Wohl des Teams (Gulaschsuppe und Rotwein) sorgte.

An den beiden schönsten Räumen hat Peter Limpinsel mitgewirkt. Einmal schuf er eine kleine Kapelle mit Betbank und Altar, auf dem das um das Jahr 2050 angefertigte Kopf-Reliquiar für den (noch lebenden) Maler Gerhard Richter steht. Auch seine andere Arbeit (die er zusammen mit Heino Goeb angefertigt hat) spielt mit Kunst-Kult und Kunstfiktion: In einer musealen Präsentation werden Bilder des erfundenen Künstlers und Fälschers Fritz Jakobiak gezeigt. So intelligent und witzig ist selten malend über Malerei, über Original und Fälschung nachgedacht worden.

HNA 14. 6. 1994

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