Erkundung der Ränder

Die Kunsthalle im Kasse1er Museum Fridericianum kann nun doch aller Voraussicht nach ihr Ausstellungsprogramm umsetzen. Die Stadt Kassel will ihren Vertrag erfüllen.

Ausstellungsleiter René Block denkt und arbeitet bildhaft. So hat er das Programm, das er für die Zeit bis zum Jahre 2001 für die Kunst-
halle Museum Fridericianum angedacht hat, zeichnerisch angelegt: Alle Überlegungen gehen von dem Stammhaus der documenta, vom Fridericianum, aus. Das bildet das Zentrum, auf das sich die Themen beziehen und um das sie sich gruppieren. Und da Block sich vorgenommen hat, in seiner Kasseler Zeit die Ränder (Motto: „Peripherie“) des westlichen Kunstbetriebs zu erkunden, die weder vom Kunstmarkt noch von der documenta wahrgenommen worden sind, zielen Pfeile aus dem Zentrum in die verschiedensten Richtungen.

Das Fridericianum als Zentrum: Bis Anfang dieser Woche war die Gefahr groß, daß die Verantwortlichen in Kassel das nicht so sahen. Die vom Land Hessen und der Stadt getragene documenta GmbH hatte zwar Block mit der Zusage verpflichtet, er würde einen Ausstellungsetat von rund 650 000 Mark erhalten, doch die haushaltsrechtlichen Grundlagen für die Zusage fehlten in Kassel. Das Geld ist zwar immer noch nicht da, doch nach der Selbstverpflichtung des Magistrates
den Etat zusammen mit dem Land sicherzustellen, ist die Schieflage der Kunsthalle wahrscheinlich behoben. Block kann weiterplanen.

Es wird das erste Mal sein, das im Fridericianum über einen längeren Zeitraum ein in sich geschlossenes und durchaus komplexes Ausstellungsprogramm entwickelt. Dabei bietet die documenta zwei Ansätze. Mit den documenta-Machern sollen einzelne Projekte erarbeitet werden (erstes Vorhaben: junge dänische Kunst) und es sollen Kunst- bereiche präsentiert werden, die die documenta aussparte: Künstlerinnen aus Arabien, Afrika und Asien (,‚Echolot“, 22. März bis 7. Juni 1998) sowie Kunst aus Neuseeland und Island sowie Korea.

In einer weiteren Reihe sollen Erfinder, Erzähler und Entdecker der Kunst vorgestellt werden (Juan Brossa, Richard Hamilton, KP Brehmer, Robert Watts). Darüber hinaus denkt Block an Installationen, in denen sich Kunst und Musik verbinden sowie an eine Schau mit Absolventen von Kunsthochschulen. Das Zentrum der Kunst soll aufgefrischt werden.

HNA 21. 1. 1998

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