Das Thema ist die Brücke

Die Kunst als Teil eines wichtigen Themas sichtbar zu machen, ist das
Ziel von Prof. Tilman Osterwold, der 1996 das Ausstellungsprogramm im Museum Fridericianum gestalten wird.

Neunzehn Jahre lang hat Prof. Tilman Osterwold (Jahrgang 1943) den Württembergischen Kunstverein in Stuttgart geleitet. Er hat acht Ausstellungen und mehr pro Jahr organisiert, hat den Kunstverein stärken können und war dann doch froh, als er 1993 die ständige Einbindung in den täglichen Ausstellungsbetrieb aufgeben konnte, um sich seinen Lehraufträgen an den Hochschulen in Stuttgart und Saarbrücken verstärkt zu widmen. Auch sein kurzfristiges Kasseler Engagement, nämlich für 1996 kommissarisch die Kunsthalle Museum Fridericianum zu leiten, begreift er als eine Frucht dieser neugewonnen Freiheit.

Tilman Osterwold versteht sich als Kunstvermittler. Also ist für ihn die Antwort auf die Frage wichtig, wie das Publikum zur Kunst zu holen sei. Man müsse, so sein Grundsatz, die Kunst immer als den Teil eines gesellschaftlichen Themas ansehen. Folglich nutzt er das Thema als Brücke der Vermittlung.

Für das Museum Fridericianum plant Osterwold im nächsten Jahr drei Ausstellungen unter dem Generalthema „Gemeinschaftsarbeiten“. Den Start (wahrscheinlich 1. Februar) wird er mit Bildern machen, die vor rund zehn Jahren entstanden, als Warhol, Basquiat und Clemente gemeinsam arbeiteten. Der Verzicht auf die künstlerische Individualität, der seine Wurzeln auch in der Pop-art habe, beschäftigt Osterwold in diesem Zusammenhang genauso wie die Tatsache, daß dabei auch regelrechte Freundschaftsbilder gemalt wurden. Osterwold hatte diese Ausstellung schon vorgeplant, ohne zu wissen, wo er sie zeigen würde. Er hofft, daß diese für den Kunstbetrieb ungewöhnliche Schau (da die Bilder weitgehend unbekannt seien), auch noch weitere Stationen finden werde.

Das Zwischenspiel in Kassel begreift Osterwold als eine reizvolle Herausforderung. Die räumlichen Bedingungen liebt er, zumal sie ihm seit der ersten documenta, die er als Schüler mit seinen Eltern besuchte, vertraut sind. Nach seinem Studium hatte Osterwold als Volontär bei Werner Hofmann an der Hamburger Kunsthalle die visuelle Umsetzung von Ausstellungsideen erlernt (1969 – 197 1). Danach war er zwei Jahre als Kustos am Wilhelm Lehmbruck-Museum in Duisburg, wo er vielfältige Kontakte zur rheinischen Kunstszene knüpfte, bevor er dann in Stuttgart die Leitung des Württembergischen Kunstvereins übernahm.

Zu seinen wichtigsten Projekten der Stuttgarter Jahre rechnet Osterwold die Ausstellungen „Szenen der Volkskunst“, „Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft“ und zu Klees Bildern zur Kindheit. Neben zahlreichen Einzelausstellungen war und ist die thematische Sichtung der Kunst sein zentrales Anliegen.

HNA 28. 9. 1995

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