Musik, Licht und Visionen

Die Kunsthalle im Kasse1er Museum Fridericianum wartet mit einer Reihe leichter, teils unterhaltsamer Ausstellungen auf. Jeden Donnerstag gibt es eine Veränderung.

Die Welt ist voller Musik. Geradezu beschwingt wandelt man durch die Räume im Erdgeschoß und 2. Obergeschoß des Museums Fridericianum in Kassel, wenn man die Klänge aus den unterschiedlichen Musikmaschinen von Joe Jones (1934-1993) hört. Während die industriell gefertigten Musikmaschinen Klänge nach vorgestanzten Partituren reproduzieren, interessierten Jones solche Geräte, die individuell steuerbar sind und selbst Melodien entwickeln können. So trifft man in der Ausstellung auf drei Solar-Musikmaschinen, bei denen die Solarzellen auf Notenständern ruhen, die dann nur zu hören sind, wenn direkt die Sonne darauf scheint.

Joe Jones ist aus der Fluxus-Bewegung hervorgegangen, die in den 60er Jahren das Statische in der Kunst überwinden und die Ausdrucksformen durch Spiel und Aktion erweitern wollte. Der aus New York stammende Künstler eröffnete damals in seiner Heimatstadt einen Musicstore, einen Laden, bei dem man mit Hilfe von Klingelknöpfen eine Reihe von Instrumenten in Gang setzen konnte. Dieser Musicstore war eine Zeitlang in der Kasseler Neuen Galerie (zusammen mit umfunktionierten Klavieren) zu sehen. Das Schöne und Heitere an Jones‘ Musikmaschinen ist, daß sie nicht aus unförmigen Geräten bestehen, sondern die Leichtigkeit der Instrumentalmusik mit einbeziehen. So schweben in einer großen Installation schwarz gestrichene Streich- und Trommelinstrumente in der Luft, aus denen kleine Drahtpropeller und wirbelnde Schlegel die Klänge herausholen. Die Instrumente ordnen sich im Raum zu filigranen Skulpturen. In seiner großen Installation spielte Jones seine ganze sinnlichen Phantasien aus: Auf dem in der Ecke stehenden Klavier platzierte er eine männliche Puppe, um deren Penis ebenfalls ein musikerzeugender Propeller kreist. Der Körper wird zum Instrument.

Dadurch, daß sich die Jones-Ausstellung vom Erdgeschoß bis unter das Dach erstreckt, vergißt man nahezu, daß dieses Mal für die Kunsthalle (durch die Jussow-Ausstellung) das erste Obergeschoß ausgespart ist. Die Arbeiten von Jones werden durch die Neon-Werke von Robert Watts konfrontiert, der ebenfalls mit der Fluxus-Bewegung in Verbindung stand. Auf die Arbeiten von Watts wird noch gesondert eingegangen.

Kunsthallendirektor René Block hat für die Ausstellungsreihe ein offenes, experimentelles Konzept entwickelt, das immer auch Einblicke in die junge Kunstszene erlaubt. Unter dem Stichwort „Rundgang“ werden Arbeiten von Kunststudenten verschiedener Hochschulen vorgestellt. Jetzt ist diese Vorstellung zweigeteilt: In den drei Räumen des Zwehrenturms präsentiert Tobias Berger unter dem Titel „Change is good“ ausgewählte Studentenarbeiten, wobei zum Konzept gehört, daß diese Werke für jeweils vier Wochen zu sehen sind und jeden Donnerstag (Eröffnung 18.30 Uhr) um einen Beitrag erweitert werden. Den Anfang machen drei Video-Installationen von Emmanuelle Antille (Amsterdam) und Christian Jankowski (Hamburg), die sich mit traumatischen Visionen auseinandersetzen. Heute kommt das Projekt von Crash Media (Manchester) hinzu. Längerfristig sind die „Rundgang“-Arbeiten von Simone Böhm und Florian Slotawa zu sehen. Auch sie werden noch gesondert vor gestellt.

HNA 29. 4. 1999

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