Wenn das Banale veredelt wird

1966 fand die erste europäische Ausstellung mit Werken von Robert Watts (1923 – 1988) in Kassel statt. 33 Jahre später würdigt das Museum Fridericianum das Schaffen des Amerikaners.

Es ist nicht nur ein gelungener inszenatorischer Einfall, im Museum Fridericianum die Ausstellungen von Joe Jones und Robert Watts ineinander laufen zu lassen und die Werke mitunter direkt zu konfrontieren. Beide Künstler gehören zusammen. Sie kommen aus der Fluxus-Bewegung der 60er Jahre, die ähnlich wie die Dada-Künstler 40 Jahre zuvor den Kunstbetrieb durch eine Mischung von Musik, Poesie, Aktion, Objekt-Recycling und Ironie unterlaufen wollte. Das äußerst publikumswirksame Werk von Jones ist, so wie es sich in Kassel darstellt, sehr viel schmaler als das von Watts, der voller Ideen und Erfindungen war und weit über den Rahmen der Fluxus-Kunst hinaus als Pionier gelten kann.

Die Fluxus-Künstler hatten etwas Anarchisches. Indem sie die Dinge umkehrten, den wertvollen Flügel zunagelten und die billige Zahnbürste verchromten, setzten sie die festgefügten Gesetze außer Kraft. Das schützte die ironisch-kritischen Objekte nicht davor, am Ende auch Kunstgüter zu werden und in den Vitrinen der Museen zu landen. Äußerst feierlich und museal ist denn auch das Arrangement der verchromten afrikanischen Kleinplastiken, die im Touristenhandel zu finden sind und hier eine künstlerische Veredelung erfahren. Da stehen sie auf hohen Sockeln im Viertelrund und repräsentieren und ironisieren die Museumsinszenierung.

Robert Watts besetzte mit seinem Schaffen eine Schnittstelle der Kunstrichtungen. Mit seinen verchromten Alltagsobjekten wirkte er in die Pop-art hinein und mit seinem frühen Collage-Bild kommentierte er die abstrakte Malerei. Wie Leuchtfeuer leiten die Neon-Objekte durch die Ausstellung. Dabei karikieren die leuchtenden Signaturen berühmter Künstler die Tatsache, daß die Namenszüge für den Kunstmarkt Bildcharakter gewonnen haben. Besonders schön sind auch die alten (naturkundlichen) Vitrinen, die die Watts-Objekte der 60er Jahre wie Teile einer Alltags-Archäologie erscheinen lassen.

Die Ausstellung ermöglicht immer neue Entdeckungen. Unverständlich bleibt nach dem Rundgang, warum Watts so lange im Schatten anderer Künstler bleiben konnte.

HNA 10. 6. 1999

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