Musik im Fridericianum heißt eine Ausstellungsreihe, die Begegnungen mit Künstlern beschert, die sich in wenig beachteten Randbereiehen bewegen.
Musik im Alltag wird oftmals erst dann richtig wahr genommen, wenn sie uns die Ohren voll dröhnt. Dagegen macht der in Berlin lebende Künstler Rolf Julius (Jahrgang 1939) Front. Wer nicht still ist, hört kaum, was Julius an Klängen produziert. Seine Musik kommt aus der Stille. Zuweilen gewinnt man den Eindruck, als würde die Musik von Julius die Stille rhythmisieren.
Rolf Julius ist weder Musiker noch Komponist. Er ist bildender Künstler. Das, was ihn seit 20 Jahren beschäftigt, ist die Frage nach der Wechselbeziehung von Raum und Klang. Es passt zu der zarten Gestalt des Künstlers, dass er nicht Räume besetzt, sondern sich einschleicht und das Klanggewebe, über das jeder Raum verfügt, anreichert. Zur documenta 8 (1987) hatte Julius das im Straßenraum und in einer Kirche eindrucksvoll demonstriert.
Jetzt erhielt der Klangkünstler von René Block in der Kunsthalle Fridericianum die Chance zum großen Auftritt. Auf drei Etagen der Rotunde kann Julius vorführen, in welche Richtungen er denkt. Unten in der Rotunde hängt eine Folge von 225 Tintenstrahldrucken, deren Botschaften sich jeweils auf ein Zeichen, einen Kreis oder Rechteck (in Schwarz oder Rot) beschränken. Die Zeichenfolge dient als Partitur. In ihr steckt zudem eine Untersuchung der Frage, ob mit den Farben nicht nur bestimmte Formen, sondern auch Klangvorstellungen verbunden sind. Zwei Etagen höher bietet Julius poetische Antworten dazu an. Da liest man etwa:
Rot antwortet, Schwarz bleibt stumm. Diejenigen, die dem nicht folgen wollen, kommen nicht daran vorbei, dass der Farbton auch das Hörvermögen anspricht.
Färben und Klänge: Auf vielfältige Weise hat Jullus damit experimentiert. Wo er nichts beweisen kann, nimmt er Setzungen vor und verbindet (durch kleine Lautsprecher) Schalen oder Platten mit schwarzen oder roten Farbpigmenten mit sanften Klangfolgen. Durch Lautsprecher-Verdrahtungen bringt er auch Steine zum Klingen. Höhepunkt der meditativen Ausstellung ist die Folge von fünf Lautsprechern in der ersten Etage, die wie Feuerschalen in den Fenstern hängen und in denen zur Vibration der Klänge Farbpigmente in den Schalen tanzen.
HNA 3. 4. 2001