Bis zum 23 November läuft in der Kunsthalle Fridericianum die Ausstellung In den Schluchten des Balkan, an der 88 Künstler beteiligt sind. In einer Artikelfolge stellen wir einzelne Arbeiten vor.
Der Rumäne losif Kiraly treibt in seinen Fotocollagen ein Spiel mit unserer Wahrnehmung. Dabei geht es ihm vor allem darum, uns vorzuführen, dass die Erinnerungen an Situationen, die wir in Form von Bildern speichern, nicht deckungsgleich mit den tatsächlichen Ereignissen seien.
In seinem Erläuterungstext im Katalog zur Ausstellung beschreibt er, wie wir die Erinnerungsbilder unbewusst verfälschen. Einiges, was uns unwesentlich erscheint, wird herausgefiltert. Anderes wird aus unserem Vorrat an Gefühlen hinzugefügt. So verschieben sich die Gewichte und so wird verformt, was wir für den originalen
Abdruck der Wirklichkeit halten.
Kiralys Erkenntnis über unseren Umgang mit der Vergangenheit ist nachvollziehbar. Für deren Umsetzung hat er einen ausgezeichneten Weg gefunden:
Er setzt Bilder, die er zu unterschiedlichen Zeiten und aus leicht verschobenen Perspektiven von einem Ort gemacht hat, in der Weise zusammen, dass ein Gesamtbild entsteht, das voller Brüche und Überlagerungen ist. So eindeutig, wie wir meinen, passt eben doch nicht alles zusammen. Und wenn inmitten der
kahlen Winterlandschaft eine grüne Insel auftaucht, dann wird offenbar, dass unsere Erinnerungsbilder aus verschiedenen Zeiten stammen, wir sie aber als Einheit behandeln.
Die abgerissenen Klebestreifen unterstreichen den Collage-Charakter der Bilder. Sie verstärken die Widersprüchlichkeit. Zugleich sind die Fotocollagen auch Ausdruck eines Lebensgefühls: Das in sich stimmige Weltbild ist zerbrochen. Mühsam begeben wir uns daran, es wieder zusammen zu setzen. Aber so sehr wir uns bemühen, bleibt es doch nur Stückwerk. Die Überschneidungen und Klebestreifen machen deutlich, dass die Illusion des heilen Bildes für immer verloren ist.