Nur das Stampfen im Kreis

Bis zum 23. November läuft in der Kunsthalle Fridericianum die Ausstellung „In den Schluchten des Balkan“, an der 88 Künstler beteiligt sind. In einer Artikelfolge stellen wir einzelne Arbeiten vor.

Wenn man einmal den Raum betreten hat, kann man sich von den Bildern, die man sieht, und den Klängen, die man vernimmt, kaum noch lösen. Zuerst hört man das Stampfen und Trampeln sowie die militärisch anmutenden Kommandos einer Frau. Man ahnt dass sie mit ihrer Stimme das Schritttempo steuert. Eist dann nimmt man die Bewegung der bunten Kostüme in der Video-Projektion wahr. Es dauert einen Moment, bis man durchschaut, dass hier eine Gruppe im Kreis tanzt, denn man sieht die Personen nur ausschnitthaft. Ihre Füße und Oberkörper bleiben den Zuschauern nahezu verborgen. Man sieht lediglich
das Wirbeln der historischen Kostüme – in einem Raum, den man nicht erkennt. Erst wenn man die Augen zur Seite wendet, erblickt man das Foto, das den Mitgliedern der Tanzgruppe ihre Individualität gibt.

„Tauber Tanz“ nennt sich dieser Kreis-Stepptanz, zu dem keine Musik erklingt. Er hat in dem bosnischen Dorf Glamoc Tradition. Die in Düsseldorf lebenden Mitglieder des Vereins „Bosanski Vidici“ haben diesen Tanz aus der Heimat mitgebracht. Hier, in der Fremde, wirkt er noch stummer und trotziger. Und je heftiger die Tänzer stampfen und sich im Kreis drehen, desto stärker schließen sie sich zusammen.

Danica Dakic, die 1962 in Sarajevo geborene Künstierin hat mit ihrem so sorgfältig gestalteten Film, der sich ganz auf die Bewegung der Farben und den dumpfen Klang konzentriert, eine Schlüsselarbeit für die Suche nach der Identität geliefert. Nur im dröhnenden, stummen Kreistanz sind die Mitglieder der Gruppe sie selbst, nur in dem Tanz finden sie Halt und möglicherweise ganz zu sich.

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