Streit Beuys-NRW geht weiter

Bundesarbeitsgericht verwies das Verfahren nach Düsseldorf zurück

In dem über zwei Jahre währenden Rechtsstreit mit den Land Nordrhein-Westfalen (NRW) hat der Düseldorfer Kunstprofessor Joseph Beuys einen Teilerfolg errungen: In dem Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht in Kassel gestern das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, das die am 10. Oktober 1972 ausgesprochene Kündigung bestätigt, aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen (Az.: 2 AZR. 534/73).

Zu der fristlosen Kündigung war es im Herbst 1972 gekommen, als Beuys mit 54 abgewiesenen Studienbewerbern nach wiederholter Aufforderung das – von ihnen besetzte Sekretariat der Düsseldorfer Kunstakademie nicht räumen wollte. Durch die Besetzung hatte Beuys die Studienzulassung von mehr als 100 Bewerbern über das festgesetzte Soll hinaus erzwingen wollen.

In seiner Urteilsbegründung stellt das Bundesarbeitsgericht fest, daß es den von Beuys und seinem Rechtsanwalt Deumeland vorgebrachten verfassungs- und staatsrechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Kündigung ebensowenig folgen könne wie der Auffassung, die Kündigung verstoße gegen die guten Sitten. Auch habe das Landesarbeitsgericht insoweit recht, als es bemerkt habe, Beuys habe durch sein Verhalten am 10. Oktober 1972 seine Pflichten gegenüber seinem Arbeitgeber „objektiv verletzt“.

Trotzdem entschieden die Kasseler Richter auf Zurückverweisung, weil „der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Sachverhalt und die Umstände. auf die es abgestellt hat, nicht ausreichen“. Das Bundesarbeitsgericht bemerkte einen Verfahrensverstoß und glaubt, daß bei der „erforderlichen Interessenabwägung mehrere wesentliche Gesichtspunkte, die für Professor Beuys sprechen könnten, nicht berücksichtigt“ wurden.

Beuys und sein Anwalt Deumeland waren vom Erfolg. des Revisionsverfahrens sichtlich überrascht. So blieb denn ein für den Fall der Niederlage mitgebrachtes Demonstrations-Objekt im Mantel des Aktionskünstlers verhüllt. Beuys, der bis zum Herbst eine Gastprofessur in Hamburg hat, erklärte nach der
Urteilsverkündung, daß er im Falle eines Erfolges vor dem Landesarbeitsgericht an die Düsseldorfer Akademie zurückkehren würde, falls es die Studenten wünschten. Auch jetzt noch betreue er seine Studenten an der Akademie und stelle ihnen Meisterschüler-Zeugnisse aus, wenn sie vom Senat der Akademie versagt würden. Nach wie vor sei allerdings sein Hauptziel, in den nächsten drei Jahren mindestens eine freie Hochschule für Kreativität zu schaffen. Als Gründungsort sei weiterhin Düsseldorf vorgesehen, obwohl vorerst in Dublin größere Chancen bestünden.

Beuys’ Anwalt Deumeland geht davon aus, daß sich der Rechtsstreit mit dem Land Nordrhein-Westfalen (eine Vergleichsverhandlung mit Wissenschaftsminister Rau war gescheitert) verschärfen werde. Deumeland sieht vor allem die Überweisung des Verfahrens von der 7. an die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts als Erfolg an, weil der Vorsitzende der 7. Kammer befangen gewesen sei. Er werde auch in Zukunft schärfstens gegen Beeinflussungsversuche der Richtet durch Dritte vorgehen und notfalls ein Detektivbüro einschalten. Im weiteren Verfahren will der Anwalt unter anderem erreichen, daß die gegen Beuys ausgesprochene Kündigung für sittenwidrig erklärt werde (40 001 Unterschritten aus aller Welt sollen das erhärten) und daß die Geschäftsfähigkeit des Ministers zum Zeitpunkt der Kündigung ii Frage gestellt werde.

HNA 21. 2. 1975

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