Untrennbar mit Beuys verknüpft

Der Ankauf des Beuys- Raumes für die Neue Galerie in Kassel ist perfekt. Damit bleibt Kassel auf Dauer ein zentraler Ort für das Werk dieses
Künstlers.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre hat die Hessische Kulturstiftung einen Kraftakt unternommen, um für ein hessisches Museum einen
großen Werkkomplex von Joseph Beuys (1921-1986) zu erhalten. Nachdem sie 1988/89 den sogenannten Darmstädter Block für das dortige Landesmuseum für 16 Millionen Mark angekauft hatte, entschied sie sich nun, für 16,5 Millionen Mark den Beuys-Raum für die Neue Galerie in Kassel zu erwerben.

Das Land Hessen war in Zugzwang geraten, nachdem der Sammler Jost Herbig seinen mit der Neuen Galerie abgeschlossenen Leihvertrag gekündigt hatte. Nach diesem Vertrag hatte er seit 1976 dem Kasseler Museum Schlüsselwerke der Kunst der 60er und 70er Jahre überlassen, darunter Werke von Andre, Baselitz, Immendorff und Tuttle sowie den Beuys-Raum mit seinem zentralen Werk „Das Rudel“.

Jean-Christophe Ammann, Direktor des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt, begründete gestern in Kassel als Vorstands-Vorsitzender der Kulturstiftung das so starke Engagement für die beiden Beuys-Komplexe: Beide Installationen, in Darmstadt und Kassel, seien von Beuys eigenhändig eingerichtet worden, seien also authentisch. Bei einem Verkauf der Komplexe habe also nicht nur die Abwanderung wichtige Einzelkunstwerke gedroht, sondern die Zerstörung von Zusammenhängen und der vom Künstler gedachten Werk- und Raumbezüge. Insofern gehöre die Neue Galerie in Kassel neben den Museen in Darmstadt und Krefeld nun zu den drei deutschen Museen, die auf Dauer über originale Beuys-Installationen verfügten.

Daneben gab einen weiteren wichtigen Grund für die Ankaufsentscheidung: Kassel war durch die documenta immer eine Stadt, für die sich Beuys stark engagierte. Der Düsseldorfer Künstler war an den documenten von 1964 bis 1982 vertreten; zuletzt realisierte er hier stadtumgreifend sein Projekt „7000 Eichen“. Der jetzt erfolgte Erwerb trägt weiter dazu bei, daß Beuys‘ Name untrennbar mit Kassel verbunden bleibt.

Der Ankauf paßt auch zu einem Ausstellungsprojekt, das das Museum Fridericianum für den Herbst plant: Dann sollen Beuys‘ documenta-Beiträge möglichst an Ort und Stelle dokumentiert werden. Ammann kündigte in diesem Zusammenhang an, daß der Ausstellungskatalog um einen zweiten Band, der sich ausschließlich dem Beuys-Raum in der Neuen Galerie widmet, ergänzt werden soll.

Die geplante Publikation soll auch dazu beitragen, private Gelder für den Ankauf des Beuys-Raumes einzuwerben: Die Hessische Kulturstiftung steht zwar für den Ankauf zu dem Preis von 16,5 Millionen Mark ein, sie selbst will aber nur 7,5 Millionen Mark geben; fünf Millionen schießt die Kulturstiftung der Länder zu. Die restlichen vier Millionen schließlich sollen in einer Spendenaktion gewonnen werden.

Die Kulturstiftung ihrerseits unterstützt auch eine Spendenaktion: 150 000 Mark stellt sie bereit, damit das populäre documenta-Objekt „Man Walking to the Sky“ („Himmelsstürmer“) von Jonathan Borofsky ebenfalls dauerhaft in Kassel bleiben kann.

HNA 27. 1. 1993

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