Zur Geschichte der documenten gehört auch als fester Bestandteil eine Geschichte der geplanten, aber nicht realisierten Werke und Aktionen. In diesen Tagen muß sich entscheiden, ob diese Geschichte der gescheiterten Projekte um ein Kapitel erweitert wird.
Es geht in diesem Fall um das Projekt des deutsch-englischen Künstlers Heinz Gindullis, in 150 Meter Höhe über der Aue einen Flugkörper zu fixieren. Der 16 Meter hohe und 54 Meter lange Flugkörper aus einem Leichtmetallgerippe mit transparenten Kuntsstoffwänden soll mit Helium-Gas gefüllt und mit Hilfe einer Seil-
winde befestigt werden.
Wir haben vor über einem Monat schon einmal über dieses Projekt einer plastischen Zeichnung am Himmel berichtet Schon damals war die Konstruktion baureif, doch bis heute ist der Künstler keinen Schritt weitergekommen, außer daß er nach eigenem Bekunden seine ganzen Ersparnisse in die Vorbereitungsarbeiten gesteckt und nun eine finanzielle Grenze erreicht hat.
Trotzdem hat er die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, seinen Plan noch während der documenta 6 zu verwirklichen: Bekäme er Anfang nächster Woche grünes Licht, könnte er noch Ende des Monats seinen Jet-Liner aus PVC aufsteigen lassen. Private Finanziers des 100 000-DM-Projekts stehen jedenfalls bereit.
A1leniger Hinderungsgrund ist die rechtliche Genehmigung. Aber dieser Punkt scheint schwieriger und komplexer zu sein als die aerodynamische Konstruktion des Flugkörpers. Vor allem fragt Heinz Gindullis, wer denn nun letztlich die Entscheidungsgewalt bei der documenta habe Manfred Schneckenburqer als der künstlerische Leiter oder Dr. Lucas als der Geschäftsführer.
Tatsache ist, daß dieses Projekt von Gindullis nicht im offiziellen documenta-Programm vorgesehen war, Schneckenburger aber erklärt habe, daß das Projekt am Rande des documenta-Geländes in der Aue realisiert werden könne. Darauf begann für Gindullis ein wochenlanges Ringen mit den verschiedenen Stellen wie der Staatlichen Verwaltung der Schlösser und Gärten und der documenta-Geschäftsführung um einen Sondervertrag. Bis heute hat Heinz Gindullis Teilzusagen, doch das entscheidende letzte Wort fehlt.
HNA 13. 8. 1977