Sinn für Kunst und Organisation

Zum 1. September tritt Hortensia Völekers ihren Posten als Assistentin der documenta-Leiterin Catherme David an. Hortensia Völkckers, Jahrgang 1958, wird für die Koordination nach innen und außen zuständig sein.

Ihr Name fiel in Kassel erstmals mitten in den Auseinandersetzungen um den gekündigten documenta-Geschäftsführer Roman Soukup. Und so kam es auch gleich zum Mißverständnis: Hortensia Völckers, so hieß es, werde künftig im documenta-Team zuständig für Sponsoring und Kommunikation sein. Sie schien also in direkte Konkurrenz zu Soukup zu treten. Aber documenta-Leiterin Catherine David und Hortensia Völekers hatten genau das nicht vor.

Die französische Ausstellungsmacherin suchte vielmehr eine (persönliche) Assistentin, eine Frau, die organisieren kann und einen wachen Sinn für das Künstlerische hat, jemanden, der nach innen und außen die Koordination übernimmt. Hortensia Völckers stellt sich gern dieser Aufgabe. Ab 1. September steht sie unter Vertrag. Eine Wohnung in Kassel hat sie schon.

Catherine David kennengelernt hat sie vor eineinhalb Jahren. Ein Bekannter hatte den Kontakt vermittelt; doch der blieb erstmal ohne Folgen. So kam das Angebot zur Mitarbeit in der documenta einigermaßen überraschend. Hortensia Völckers nahm an, allerdings nur unter der Bedingung, daß sie an ihrer bisherigen Aufgabe, der Leitung der Tanz-Biennale in München, weiterarbeiten könne. Das wurde ihr zugestanden: Sie wurde freigestellt und die nächste Tanz-Biennale auf 1998 verlegt.

Die Fähigkeit, Tanz und Bildende Kunst zu verbinden und bei den Themenstellungen fachübergreifend bis in die Literatur und Naturwissenschaften hineinzudenken, mag Catherme David an Hortensia Völckers Arbeit überzeugt haben. Mit dem Grundsatz, den Künstlern Bedingungen zu schaffen, unter denen sie frei arbeiten können, nähert sich Hortensia Völckers der Position von Catherine David stark. Sie will, so bekennt sie im Gespräch, versuchen, die Vision der documenta-Leiterin zu verstehen und umzusetzen. Und sie ist überzeugt, daß die documenta 10 eine Schnittstelle im Ausstellungsbetrieb werden kann.

Aber die Wahl-Münchnerin, die auch am Frankfurter Theater am Turm Tanz-Kunst-Projekte realisiert, ist keine Träumerin. Sie tritt entschieden und verbindlich zugleich auf. Der Sinn für das Künstlerische verklärt nicht den Blick auf den Terminplan.

Dabei bringt sie gute Voraussetzungen für das internationale Geschäft mit: 1958 wurde sie in Buenos Aires geboren und lebte 17 Jahre in Argentinien, bevor sie nach Deutschland kam und hier dann Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft studierte. Sie arbeitete danach in Galerien mit und fand in der Tanz-Biennale ein Forum, das die Fragen der Zeit auf ganz andere Weise aufgreift. Ein Labor daraus machen, heißt ihr Ziel, auch für die documenta 10.

HNA26. 8. 1995

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