Die Sony Deutschland GmbH und die documenta haben gestern Abend in einer gemeinsamen Erklärung festgestellt, die Gespräche über eine Unterstützung der documenta X (1997) durch Sony seien nicht abgebrochen. Sony habe die documenta in der Vergangenheit regelmäßig unterstützt; über eine mögliche Beteiligung an der documenta X werde noch mit deren künstlerischer Leiterin, Catharine David, verhandelt. Die documenta-Förderung bestand bislang vorwiegend in der Bereitstellung von Geräten für die Video-Abteilungen.
Mit dieser Presseerklärung haben Sony und documenta auf unseren Bericht vom Vortage reagiert, Sony sei als Hauptsponsor abgesprungen und sei nicht länger bereit, 2,5 Millionen Mark zu der Kasseler Weltkunstausstellung beizutragen. Bestätigt wurde, daß der Plan, eine Sony documenta Collection, in der Kunstwerke aus allen zehn documenten vereinigt seien und die möglicherweise schon während der documenta X präsentiert werden sollte, nicht realisiert werde.
Die Aussagen blieben jedoch bis zum Abend widersprüchlich. Während der kommissarische Geschäftsführer Frank Petri gestern noch gegenüber Agenturen die angepeilte Sponsor-Summe in Höhe von 2,5 Millionen Mark bestätigte, hieß es später in der Erklärung, es habe zu keinem Zeitpunkt Verhandlungen über die finanzielle Höhe eines Sponsorings gegeben. Auch ein anderer Widerspruch war gestern nicht aufzuklären: Sony stuft die Idee für eine documenta Collection als das Konzept eines Frankfurter Vermittlers ein, das man nicht inhaltlich diskutiert habe.
Dagegen wird Catherine David mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem von Ex-documenta-Geschäftsführer Roman Soukup entwickelten Sponsor-Plan zitiert. Ihrer Meinung nach hätten in die Ankauf-Entscheidungen für eine Sammlung, die Werke aller bisherigen documenten umfassen sollte, auch die früheren künstlerischen Leiter mit einbezogen werden müssen. Dies aber sei im Soukop-Konzept nicht vorgesehen gewesen. Auch Petri hatte diese Frage als Streitpunkt benannt und erklärt, Sony hätte befürchtet, solche halböffentlichen Ankaufs-Diskussionen hätten möglicherweise die Preise für die Werke in die Höhe schnellen lassen.
Der Etat für die documenta X ist mit 20 Millionen Mark veranschlagt. Die Stadt Kassel und das Land Hessen wollen davon je 2,5 Millionen Mark tragen, der Bund 2,1 Millionen Mark. Die übrigen Gelder sollen durch Eintritts- und Verkaufserlöse sowie Spenden hereinkommen. Bisher rechnet man mit Sponsor- Zuwendungen von einer Million Mark.
HNA 27. 10. 1995
Sony: Ein Konzept, keine Verhandlungen
Die deutsche Sony-Zentrale in Köln hat gestern auf Anfrage unserer Zeitung erklärt, daß es zwischen dem Elektronik-Konzern und der documenta GmbH in Kassel über einen Sponsor-Vertrag keine direkten Verhandlungen gegeben habe. Weder habe ein unterschriftsreifer Vertrag vorgelegen, noch seien konkrete Summen genannt worden. Es habe lediglich ein vom früheren documenta-Geschäftsführer Roman Soukup vorgelegtes Konzept gegeben, das über die Frankfurter Privatbank Grunelius Sony Berlin präsentiert worden sei.
Verständlich wird die Erklärung nur, wenn man weiß, daß Sony Berlin in der documenta-Frage unabhängig operiert hat, daß das Entscheidungsrecht aber noch bei der Zentrale in Köln liegt. Die kann sich deshalb auf die Linie zurückziehen, für sie habe es Verhandlungen über das Soukup-Konzept nie gegeben. Tatsache ist, wie documenta-Prokurist Frank Petri bestätigte, daß die Idee, für den Konzern eine documenta-Sammlung anzulegen, von Sony Berlin begeistert aufgenommen wurde. Doch bereits im Juli, nach einem Gespräch der documenta-Leiterin Catherine David mit der Frankfurter Bank sei klar gewesen, daß aus dem Sponsor-Vertrag
nichts werden würde: Catharine David habe Bedenken gegen den langfristigen Verkauf des documenta-Namens geäußert und darauf bestanden, in die Auswahl der Werke aus früheren documenten auch ihre Vorgänger einzubeziehen.
Für die Kölner Zentrale von Sony Deutschland gelten daher die Gespräche mit der documenta auch nicht als gescheitert. Über eine Unterstützung – etwa in Form von Bereitstellung von Videogeräten und Monitoren – könne gesprochen werden.
HNA 28. 10. 1995