Heute soll der Direktor des Amsterdamer Stedelijk Museums, der 63jährige Edy de Wilde, vor dem documenta-Aufsichtsrat in Kassel berichten, wie weit seine Gespräche zur Bildung eines Leitungs-Teams für die doöumenta 8(1987) gediehen seien. Von diesem Bericht, so hatte man sich vor drei Monaten festgelegt, werde die Entscheidung über die Berufung de Wildes abhängen.
Doch es scheint mehr Probleme zu geben, als man im Juni ahnen konnte. Wie heißt es so schön in einer Pressemitteilung zur Aufsichtsratssitzung: Für den Fall, daß wider Erwarten . der künstlerische Leiter der nächsten documenta und sein Team benannt werden sollten .
Ist also noch alles offen? Nur bedingt. Im Augenblick deutet alles daraufhin, daß de Wilde selbst an einem Aufschub der Entscheidung interessiert ist. Er hatte zwar den Startvorteil), ins Rennen geschickt zu werden, ohne sich der Kritik des Expertengremiums stellen zu müssen, doch hatte er sich dafür die Verpflichtung eingehandelt, insbesondere mit seinen unterlegenen Mitbewerbern Celant, Herzogenrath, König und Szeemann über die Bildung eines Leitungs-Teams zu sprechen.
Die Erfinder dieser Verpflichtung wußten, daß sie damit de Wildes Auftrag mit einem hübschen Ballast ausgestattet hatten. Dementsprechend unverbindlich scheint die erste Gesprächsrunde mit den Mitbewerbern verlaufen zu sein, Wie meinte doch gestern einer der Betroffenen: Er habe ein gutes Gespräch mit de Wilde gehabt, wisse aber bis zur Stunde noch nicht, was dieser nun vorhabe.
Doch sieht die Situation in ein, zwei Monaten klarer aus? Es geht ja bei den Gesprächen nicht nur um Namen, sondern auch um mögliche Öffnungen des Konzepts, also um die Inhalte der documenta 8. Darüber muß der Aufsichtsrat mitbefinden, wenn er de Wildes Bericht beurteilt. Ist er dazu bereit? Und sieht er notfalls Alternativen? Oder ist er zum Gefangenen seines eigenen Berufungs-Mechanismus geworden?
HNA 7. 9. 1983