Krise im Führungs-Duo?

Noch in der nächsten Woche sollten anläßlich einer Aufsichtsrats-Sitzung die Verträge der beiden gleichberechtigten Leiter der documenta 8 (1987) Edy de Wilde und Harald Szeemann, unterschrieben werden. Denn der 1. Januar ist als offizieller Vertragsbeginn für die documenta-Macher geplant. Doch im Augenblick mehren sich die Anzeichen dafür, daß dieses Duo miteinander solche Probleme hat, daß eine Trennung der beiden nicht ausgeschlossen scheint.

Ein deutliches Anzeichen für die ungeklärte Situation ist, daß aus Kassel – entgegen der ursprünglichen Planung – keine Delegation zu der am Wochenende beginnenden großen Ausstellung fahren wird, mit der sich Edy de Wilde dort als Direktor des Stedelijk Museums verabschieden (und zugleich seine Visitenkarte als documenta-Macher abgeben) will. Diese Ausstellung unter dem Titel „La Grande Parade“ (nach einem Gemälde von Fernand Lager) wird die internationale Malerei seit 1940 anhand der Werke von 40 ausgewählten Künstlern dokumentieren.

Wie aber geht es weiter, wenn das gleichberechtigte Team, wie von vielen Skeptikern erwartet, nicht weiterkann? Es ist kaum denkbar, daß der documenta-Aufsichtsrat zum Punkt Null zurückkehren wird. Eher wäre dann die Wahl zwischen Szeemann, der in Kassel gewiß favorisiert wird, und de Wilde zu erwarten. Der 65jährige de Wilde allerdings könnte sich aufgrund des Findungsverfahrens Chancen ausrechnen, zuerst gefragt zu werden.
HNA 13. 12. 1984

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