Neue Galerie als Ort der Moderne

In die Diskussion über die Zukunft der Neuen Galerie kommt Bewegung. Der Kulturausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung den Magistrat gebeten, mit dem Land mit dem Ziel zu verhandeln, die Neue Galerie in ein Museum zeitgenössischer Kunst zu verwandeln. Ein entsprechender Antrag an die Stadtverordnetenversammlung wurde einstimmig verabschiedet.

Der von Dr. Klaus Ostermann (Grüne) eingebrachte Antrag bezieht sich auf die Ursprungsidee der Museumsplanung von 2003, die Neue Galerie als ein Haus der Moderne auszubauen. Das würde voraussetzen, dass die Kunst des 18. Jahrhunderts (Stichwort: Tischbein) in die Gemäldegalerie in Schloss Wilhelmshöhe umziehen würde. Für die Kunst des 19. Jahrhunderts war vorgeschlagen worden, die Bilder und Skulpturen im Umfeld des Landesmuseums (Torwache) zu präsentieren.

Die Konsequenz wäre, dass die Neue Galerie zu einem Museum für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts – mit einem Schwerpunkt documenta – ausgebaut würde. Eine solche inhaltliche Konzeption hätte möglicherweise auch Folgen für das Raumprogramm beim anstehenden Umbau der Neuen Galerie, weil die zeitgenössische Kunst nicht die klassischen Kabinette für Gemälde, sondern Räume für vielfältige Medien braucht.

Der Kulturausschuss-Beschluss bringt die Stadt in Bedrängnis. Denn sie hat Anfang der 70er-Jahre ihre eigene Kunstsammlung mit nicht unerheblichen Beständen aus dem 19. Jahrhundert in die Obhut der Staatlichen Kunstsammlungen (heute: Museumslandschaft Hessen Kassel) gegeben. Ein Vertrag legte fest, dass die Kunstsammlungen in der Neuen Galerie die städtischen Kunstobjekte ausstellen, pflegen und verwahren sollten. Dafür zahlt die Stadt als Ausgleich jährlich 100 000 Euro, die für Neuerwerbungen genutzt werden.

Eine Umwidmung der Neuen Galerie hätte zur Folge, dass der Vertrag mit dem Land revidiert werden müsste. Vor allem müsste die Stadt ein Konzept für jene Teile ihrer Sammlung entwickeln, die dann in den Häusern der Museumslandschaft Hessen Kassel nicht mehr gezeigt werden könnten. Beispielsweise wäre zu diskutieren, ob eine solche städtische Galerie im Zusammenhang mit dem Stadtmuseum geschaffen werden könnte.

In der jüngsten Vergangenheit war der Eindruck entstanden, das Land oder vielmehr die Museumslandschaft hätten den Ausbau der Neuen Galerie zu einem Haus der Moderne nicht mehr gewollt. Dieser Eindruck war offenbar falsch, wie im Zusammenhang mit dem Beschluss des Kulturausschusses zu hören war. Museumsdirektor Dr. Michael Eissenhauer bekannte sich auf Rückfrage ausdrücklich zu dem Konzept, die Neue Galerie zu einem Haus der Modeme zu machen.
Daraus ist zu schließen, dass die Stadt bisher nicht bereit war, den Vertrag mit dem Land zu überdenken und entsprechende Pläne für die städtischen Kunstsammlungen zu entwickeln. Der Beschluss des Kulturausschusses macht nun dieses Nachdenken unumgänglich.

Kommentar

Farbe bekennen

Vielleicht bringt der Beschluss des Kulturausschusses den Knoten zum Platzen. Denn zuletzt war völlig unklar, warum eigentlich wer die Neue Galerie als Haus der Moderne nicht wollte. Die Sache war so verfahren, dass schon über ein zusätzliches Museum für aktuelle Kunst nachgedacht wurde – dessen Finanzierung aber in den Sternen stand.

Nun muss die Stadt Farbe bekennen – ob sie es ernst meint mit einer neuen Zukunft für die Neue Galerie. Denn als Eigentümerin der städtischen Kunstsammlungen steht sie in der Mitverantwortung. Sie muss sich bewegen. Es wäre schlimm, wenn sie einer neuen Lösung nur deshalb nicht zustimmen würde, weil sie die Konsequenzen scheut, die sich für ihre eigenen Bestände ergeben.

Allerdings muss auch eine klar sein: Die bloße Umwidmung der Neuen Galerie zu einem Haus der Moderne macht sie nicht zum viel besuchten Museum. Da muss schon ein ganz neues Präsentationskonzept entwickelt werden.

HNA 1. 9. 2007

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