Was gehört in die Sammlungen?

Der zuerst von der HNA veröffentlichte Vorschlag, mit dem Brüder Grimm-Museum in die nördliche Torwache und das dahinter stehende Verwaltungsgericht zugehen, hat der Diskussion um die innerstädtischen Museen neuen Schwung gegeben. Grundsätzlich hat sich bisher keine Stimme gegen die Idee erhoben, das Grimm-Museum zum Gegenüber des Landesmuseums zu machen. Im
Gegenteil, sofort wurde der frühere Plan wieder aufgegriffen, das Tapetenmuseum in die ehemalige Arnoldsche Tapetenfabrik zu verlegen, wo es viele Male besser aufgehoben wäre als in einem Neubau am Fuße des Bergparks.

Der bisher etwas willkürlich wirkende Umgang mit dem Tapetenmuseum wirft überhaupt die Frage auf, wie man künftig mit den Sammlungen umgeht, die nicht zum fürstlichen Kosmos (Schloss Wilhelmshöhe), zur Landesgeschichte (Landesmuseum) oder zur Kunst der Moderne (Neue Galerie) gehören.

Als erstes Beispiel ist die Design-Sammlung zu nennen, die ausschnitthaft in der Torwache gezeigt wird. Sie spielt bisher in den Planungen keine Rolle. Dabei verfügt sie über reiche Schätze aus dem Historismus, Jugendstil und aus der Bauhaus-Zeit. Genauso wichtig ist, dass dort hervorragende Produkte aus dem Grenzbereich von Kunst und Design dokumentiert sind, die an der Kasseler Kunsthochschule und ihren Vorgängereinrichtungen entstanden sind. Da die Kunst der Gestaltung in den Bereichen Produkt Design, Plakate und Keramik über lange Zeit bundesweit und international über große Strahlkraft verfügte, geht es hier nicht nur lokale Dokumentation, sondern um die Chance, ein einzigartiges Profil zu entwickeln.

Ähnliches gilt übrigens für die Neue Galerie, deren Sammlung heute nicht zufällig mit dem Werk von Johann Heinrich Tischbein einsetzt, der als Hofmaler der erste Direktor der Kasseler Akademie war. Wenn man nämlich die Sammlung von Werken der Künstler-Professoren an der Akademie und Kunsthochschule als eine der Aufgaben der Neuen Galerie begreift, dann könnte auch in dieser Beziehung eine spezielle Profilbildung entwickelt werden. Dabei stünde diese Aufgabe nicht im Widerspruch zu einer stärkeren Ausrichtung der Neuen Galerie auf die documenta, da viele der heutigen Professoren documenta-Künstler waren.

Sollten sich die Staatlichen Museen allerdings langfristig der Aufgabe entziehen, die Entwicklung der Kunsthochschule auf den verschiedenen Gebieten zu beobachten und in den Sammlungen zu dokumentieren, müsste überlegt und diskutiert werden, ob dann nicht das Stadtmuseum
sein Konzept erweitern müsste. Erst unter solchen Voraussetzungen wäre eine teilweise Heraustrennung der städtischen Kunstsammlung aus der Neuen Galerie diskussionswürdig, wie der Arbeitskreis für Denkmalschutz und Stadtgestalt vorgeschlagen hat.

HNA 3. 8. 2005

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