Auf der Suche nach Sponsoren

Im September will der documenta-Aufsichtsrat darüber entscheiden, ob zur documenta 9, die im Sommer nächsten Jahres in Kassel stattfinden wird, in der Karlsaue (unterhalb des Rosenhangs) auch temporäre Pavillons aufgestellt werden sollen.

Die von dem Architekten Paul Robbrecht entworfenen Pavillons haben die Form von sechs neben- bzw. hintereinander gestellten Eisenbahnwagen; sie sollen die Ausstellungsfläche um 1600 Quadratmeter erweitern und rund 2,5 Millionen Mark kosten. Voraussetzung für eine Zustimmung des Aufsichtsrates wäre, so wurde auf der jüngsten Sitzung deutlich, daß ein erheblicher Teil der Kosten von Sponsoren übernommen würde. Gelänge dies, wären das Land Hessen und die Stadt Kassel als Gesellschafter ihrerseits bereit, ihre Zuschüsse zur documenta in Höhe von je 1,7 Millionen Mark herauf zusetzen, um so die Pavillons zu ermöglichen.

Die Geschäftsleitung der documenta will sich nun gezielt um Geldgeber für die Pavillons bemühen. Geschäftsführer Alexander Farenholtz räumte allerdings gegenüber unserer Redaktion ein, daß es weit schwieriger sei, für die documenta Sponsoren zu finden, als er anfangs gedacht habe. Vor Jahresfrist hatten nämlich documenta-Leiter Jan Hoet und Farenholtz als Ziel umrissen, etwa sechs Sponsoren zu gewinnen, die zusätzlich zum 10-Millionen-Etat drei Millionen Mark bereitstellen sollten. Mit diesem Sponsorengeld sollte gewährleistet werden, daß möglichst viele documenta-Künstle vor Ort ihre Beiträge zur Ausstellung herstellen oder installieren. Farenholtz: „ Ich habe mich getäuscht in der Annahme, mit einem fertigen Förderungskonzept Sponsoren gewinnen zu können.
Nach Angaben des Geschäftsführers gibt es bei den Großunternehmen auch immer wieder Vorbehalte gegenüber der documenta – so etwa beim Daimler-Benz-Konzern (der bei der vorigen documenta auch Gegenstand von kritisch angelegten Arbeiten war). Andererseits hätten sich im Zusammenhang mit dem Golfkrieg und dem finanziellen Einbruch im Luftverkehr relativ weitgediehene Verhandlungen mit der Lufthansa zerschlagen, die für Transporte Flugkontingente im Wert von 380 000 Mark zur Verfügung stellen wollte.

Farenholtz ist zuversichtlich, daß er doch noch Abschlüsse erreichen kann, glaubt mittlerweile aber, daß er erfolgreich sei, wenn er 1,5 Millionen Markl (statt ursprünglich drei Millionen Mark) hereinholen könne. Jan Hoet hatte schon im Frühjahr gesagt, daß sich an seinem Ausstellungskonzept nichts ändern werde, falls aus finanziellen Gründen die Pavillons nicht errichtet werden könnten. Dann würde das Raumprogramm lediglich kleiner ausfallen.

Als Standorte der documenta 9 stehen derzeit das Museum Fridericianum, die im Bau befindliche documenta-Halle, das Erdgeschoß des Ottoneums, einzelne Räume in der Neuen Galerie und ein Geschäftshaus am Kasseler Friedrichsplatz fest.

HNA 22. 6. 1991

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