Luther in Marburg

Das Marburger Universitätsmuseum hat, wie kurz gemeldet, ein gut erhaltenes Porträt des Reformators Martin Luther von Lucas Cranach d. Ä. (1532) erworben. Das auf Buchenholz
gemalte Bild wird im November dieses Jahres einen Ehrenplatz in dem restaurierten Wilhelmsbau des
Marburger Schlosses erhalten, wenn die kulturgeschichtliche Abteilung aus dem unten in der Stadt gelegenen Museum auf den Schloßberg umgezogen ist. Das Luther-Bild soll dann neben den großen
Bildnissen des Landgrafen Philipp von Hessen (u. a. von Christoph Jobst) hängen, für den der Reformator Vertrauter und Ratgeber war.

Philipp (1504-1567) hatte sich unter dem Eindruck der lutherischen Lehre sehr früh dem Protestantismus angeschlossen und hatte 1527 die Marburger Universität als erste evangelische Hochschule gegründet. Schließlich hatte Philipp 1529 Luther und Zwingli zu jenem Treffen nach Marburg eingeladen, das als Marburger Religionsgespräch in die Geschichte einging, die erhoffte Einigung des Protestantismus aber nicht herbeiführte.

Diese enge Beziehung Luthers zum Landgrafen Philipp einerseits und zu Marburg andererseits war für Carl Graep1er, den Direktor des Universitätsmuseums, Anlaß für den Erwerb des Cranach-Bildes, das jetzt bei einer Auktion relativ günstig angeboten worden war. Bislang hatte das Museum nur ein Luther-Porträt als Holzschnitt.

Das 37,5 Zentimeter hohe und 24,5 Zentimeter breite Gemälde zeigt den Reformator vor hellblauem Hintergrund, auf dem neben der Jahreszahl auch das Zeichen des Malers zu sehen ist – eine geflügelte Schlange. Lucas Cranach d. Ä. (1472—1553) war zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein gefragter Bildnismaler, der es schnell zu Ruhm und Reichtum gebracht hatte. In Wittenberg betrieb er eine Werkstatt, die zu vielen Themen ganze Serien von Bildern hervorbrachte. Eva, Venus und Lucretia wurden mehr als 30mal auf Bildern dargestellt. Auch von den Reformatoren Luther und Melanchthon entstanden Serien, zum Teil als Bildnispaare. Cranach hatte dabei offensichtlich einen so guten und starken Einfluß auf seine Werkstatt, daß sich reine Meister-Bilder von den Werkstatt-Arbeiten schwerlich unterscheiden lassen.

Der genaue Weg, den das 1532 entstandene Porträt von Wittenberg aus genommen hat, ist bisher nicht bekannt. Allem Anschein nach hat es aber mehrfach den Besitzer gewechselt. Ein Besitzermonogramm, das im 17. Jahrhundert auf der Rückseite eingetragen worden ist, muß noch entschlüsselt werden. Eine weitere Schrift auf der Rückseite (aus dem Jahre 1858) verweist auf einen Wechsel aus dem „Türckschen Nachlaߑ in den Besitz des aus Schlesien stammenden „ C. Schneider in Berlin. Weiter weiß man nur, daß das Bild 1964 bei einer Auktion für jene Sammlung erworben wurde, die jetzt wiederum zur Versteigerung stand.

Hilfe bei der genaueren Bestimmung der Lebensgeschichte des Bildes könnte vielleicht das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg leisten, das für 1983 eine große Luther-Ausstellung vorbereitet und dabei auch die Luther-Darstellungen erfassen wird.

HNA 22. 7. 1981

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