David: Wollte nicht verletzen

In der heftigen Auseinandersetzung um die Kassel-Kritik der documenta-Leiterin hat Catherine David nun ihre Entschuldigung angeboten.

„Wenn sich Kasseler Bürgerinnen und Bürger durch meine Äußerungen beleidigt und verletzt fühlen, entschuldige ich mich bei Ihnen.“ Diese Erklärung von documenta-Leiterin Catherine David verbreitete gestern das documenta-Pressebüro in Kassel, nachdem sich in den vergangenen Tagen die Auseinandersetzung um die französische Ausstellungsmacherin zugespitzt hatte. Catherine David war vor allem in einem Porträt des FAZ-Magazins mit äußerst kritischen Anmerkungen zu Kassel zitiert worden. In einem wenige Tage später erschienenen „stern“-Interview hatte sie neben inhaltlich aufschlußreichen und positiven Erklärungen weitere Kritik an der documenta-Stadt geäußert.

In der Presse-Erklärung sagt nun Catherine David: „Ich hatte und habe keinerlei Absicht noch einen Grund, die Konfrontation mit Kassel zu suchen. Ich bin mir der Verantwortung für die documenta X und darüber hinaus für die nächsten documenta-Ausstellungen in Kassel sehr bewußt. Mein Team und ich arbeiten mit viel Energie daran, daß die documenta X im Jahr 1997 ein großer Erfolg wird.“

Während der letzten Tage hatte es aufgrund des zugespitzten Streits bereits die Befürchtung gegeben, die documenta als Institution könne dauerhaft Schaden nehmen. Auch war befürchtet worden, Catherine David könnte die ihr übertragene Aufgabe zurückgeben. In der Erklärung bekennt sie sich aber nun eindeutig zu ihrem Auftrag.

Catherine David plant, wie sie erneut betont, die documenta X als „Retro-Perspektive“, die zurückblicken soll bis ins Jahr 1945 und die über die 90er Jahre hinausschauen werde. Für sie ist deutsche Geschichte exemplarisch in das Stadtbild von Kassel eingeschrieben. Deshalb suche die documenta die Auseinandersetzung mit dem Stadtbild und daher ziehe sich die Ausstellung nicht in die geschlossenen Räume zurück, sondern lade auf einen Parcours durch die Innenstadt ein:
„Die exemplarischen geschichtlichen und kulturellen Brüche und die darin verborgene Kraft dieser Stadt sind eine ideale Projektionsfläche für die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur am Ende dieses Jahrhunderts. Man darf sie nicht totschweigen, man muß sie sogar benennen. In dieser Haltung und Konzeption lasse ich mich nicht beirren.“

Das Zitat – es gebe in Kassel keine intellektuelle Tradition – abgesehen „von einer Clique alter Dummköpfe aus der Zeit von Arnold Bode“ – ist nach David aus dem Zusammenhang gerissen. Wörtlich sagt sie: „Von Beginn meiner Tätigkeit an habe ich in Kassel wichtige und anregende Gespräche geführt. Im Umfeld einer solch bedeutenden Ausstellung gibt es aber auch Verknöcherungen und Vorbehalte. Gerade den documenta-erfahrenen Kasseler Bürgerinnen und Bürgern traue ich das Selbstbewußtsein zu, die Auseinandersetzung der documenta x mit ihrer Stadt einzuordnen, zu bewerten und
zu verstehen.“

HNA 15. 7. 1996

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