Erstmals mit eigenen Filmen

In diesem Sommer wird erstmals eine documenta mit Filmen auftreten, die in ihrem Auftrag produziert wurden. Möglich wurde das durch die Zusammenarbeit mit Sony.

Die Kasseler documenta ist eine Ausstellung der bildenden Kunst. Aber von Anfang an haben die documenta-Organisatoren versucht, über die engen bildnerischen Grenzen hinauszudenken. Arnold Bode wollte zur ersten documenta internationale Filme zeigen. Seit 1972 gehören Filmangebote auch zum festen Angebot der Kasseler Ausstellung. Doch erstmals wird nun die Ausstellung mit eigenen Produktionen aufwarten können, die – bis auf eine, die während der Berlinale Premiere hat – zur documenta uraufgeführt werden.

Die künstlerische Leiterin der documenta X, Catherine David, nutzte gestern die Berlinale als Forum, um dort ihr Film-Programm vorzustellen. Und sie erklärte auch, warum die documenta dieses Neuland betrete: wer eine Bestandsaufnahme dessen liefern möchte, was an zeitgenössischen Bildern existiert oder existieren könnte, sollte Arbeitsbedingungen auch für diejenigen schaffen, die in der Tradition des unabhängigen Films stehen. Sie wählte sieben Filmemacher aus, deren Arbeiten sich im Grenzbereich zwischen Dokumentation und Fiktion bewegen. Folgende Projekte sind vorgesehen:
Harun Farocki dreht den Dokumentarfilm „Stilleben“, in dem es um das Bildermachen geht. Er beobachtet er Werbefotografen bei ihrer Arbeit.

Charles Burnett arbeitet an dem Dokumentar-Spielfilm „Am Ende“, in dem eine Zukunftsvision aus Los Angeles erzählt wird.

Jon Jost produziert einen Spielfilm unter dem Titel „Kleine Steine“. Darin wird eine in viele Teile zerlegte Geschichte vorgetragen.

Die Deutsche Antonia Lerch wird die dokumentarische Erzählung „Letzte Runde“ vorstellen. In diesem Film werden zehn Geschichten erzählt, die von Menschen in Berlin handeln.

Raoul Peck erstellt ein dokumentarisches Tagebuch (,‚Zeit der Müdigkeit. Schwarz, kein Bild, kein Ton“), in dem er, der 1996 Kulturminister von Haiti wurde, seine eigene Vergangenheit reflektiert.

Abderrahmane Sissako arbeitet an dem Dokumentarfilm „Rostov – Luanda“, in dem es um die Suche nach der verlorenen Heimat geht.

Aleksandr Sokurovs Spielfilm „Mutter und Sohn“ war schon zur Berlinale fertig. Darin geht es um eine traurig- schöne Liebesgeschichte.

Die Filmproduktionen wurden unter anderem dadurch möglich, daß Sony die technischen Mittel bereitstellte. Bei der gestrigen Programmvorstellung in Berlin betonten die Sony-Vertreter, daß ihr Unternehmen seit 1977 die documenta im Bewußtsein fördere, dass die dadurch ermöglichte Kreativität der Kunst und Gesellschaft zugute komme.

HNA 22. 2. 1997

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