Man kann sich die Show schon vorstellen: Die Golden Girls und Margarethe Schreinemakers, Marius Müller-Westernhagen und die Goldmedaillen-Gewinner – und dazwischen documenta-Leiter Jan Hoet. Eine große Bambi-Familie. Die Medienstars bekommen ihren gerechten Preis.
Ist das wirklich eine schöne Ehre für den Genter Museumsdirektor, sich plötzlich im halbseidenen Starrummel wiederzufinden? Oder gibt die Bambi-Vergabe an Hoet genau jenen unermüdlichen Kritikern recht, die meinen, der Belgier habe die Kasseler Kunstschau zur beliebigen Show verkommen lassen und er habe nun (wie sie jetzt schreiben werden) den einzig möglichen Preis bekommen?
Daß im Zeitalter der totalen Medienabhängigkeit die Kunst ohne die Show nicht mehr auskommt, ist nicht erst seit der documenta IX bekannt. Vielleicht war Hoet nur derjenige, der es schaffte, die Möglichkeit zum Prinzip zu erheben. Doch wenn man nur annähernd der Ansicht folgt, er habe das auch im Sinne der Kunst getan, dann klingt die Begründung gar nicht so schlecht: Hoet erhalte den Preis für die außerordentliche Popularität, die er der documenta verliehen habe. Das spricht nicht gegen das Kunstereignis. Und auch nicht gegen die Kunst.
HNA 26. 11. 1992