EinJournalist, dem die hiesigen Verhältnisse nicht vertraut sind, fragte im Vorfeld der Feiern zu Ehren von Arnold Bode, wo es denn ein Denkmal für den documenta-Begründer gebe. Ich war verblüfft, denn die Frage hatte ich mir selbst noch nie gestellt.
Wahrscheinlich hätte Bode selbst geschmunzelt über die Vorstellung, er wäre in Stein oder Bronze übergroß verewigt worden und würde etwa, Auge in Auge mit Landgraf Friedrich II., den Friedrichsplatz schmücken. Nein, das wäre ihm undenkbar gewesen. Nicht nur aus künstlerischen Gründen, sondern weil ihm immer die Sache wichtiger als die Person gewesen wäre.
Trotzdem ist die Frage nicht abwegig, weil sie nämlich zum Nachdenken darüber zwingt, wie denn die Stadt, die ihren wichtigsten Impuls in den vergangenen 50 Jahren Bode zu verdanken hat, diesen Mann ehre. Gewiss, das eigentliche Bode-Denkmal ist der Fortbestand der documenta. Besser ist auch ein Lebenswerk nicht zu ehren, als wenn man es weiterentwickelt. Ob allerdings Bode damit einverstanden gewesen wäre, dass sich Kassel den Ehrennamen documenta-Stadt zugelegt hat, darf man bezweifeln.
Die documenta-Bezüge verweisen nur indirekt auf Bode. Direkter leistet das der Arnold-Bode-Preis, der seit 1980 an Künstler im documenta-Rang vergeben wird. Durch diesen Preis lebt er ebenso fort wie durch den Katalog, der jetzt zur Bode-Ausstellung herausgegeben worden ist. Nur sind das keine Monumente, die zum städtischen Alltag gehören.
Das vielfältigste Denkmal ist im Moment die Bode-Briefmarke. Ein Ausstellungsmacher auf einer Briefmarke. Wer hätte sich das träumen lassen? Doch die Post mit diesem Erinnerungszeichen geht nach draußen. Wo aber findet ein Besucher in der Stadt Bodes Spuren, wenn er nicht gerade jetzt in die documenta-Halle geht oder sonst in die Neue Galerie, wo Gerhard Richters Bode-Porträt hängt?
Ja, da wird es schwierig. Immerhin hat die Stadt auf dem Hauptfriedhof dem documenta-Vater ein Ehrengrab gewidmet. Aber sonst sucht man in der Stadt vergeblich, sofern man sich nicht auf das Uni-Gelände am Holländischen Platz verirrt. Da gibt es tatsächlich eine kleine Arnold-Bode-Straße.
Nichts gegen die Bedeutung der Gesamthochschule. Aber diese Straßenbenennung ist deplatziert, zumal die Kunsthochschule, deren Vorgängereinrichtung Bode nach dem Krieg mitbegründet hat, dort nicht ansässig ist. Dass diese Form der Ehrung schief ging, hat wohl damit zu tun, dass Bodes Größe zu spät begriffen wurde und dass dieser Unruhegeist auch noch bis nach seinem Tode umstritten war.
Dieser Fehler wäre gut zu machen. Das Denkmal ist noch zu errichten, aber nicht als Standbild, sondern durch eine klare, überall sichtbare Namensgebung: Die documenta-Halle sollte, wie an dieser Stelle schon einmal vorgeschlagen, zur Arnold-Bode-Halle werden. Das wäre der zentrale, ideale Ort für die Bode-Ehrung. Und nebenbei würde die Verlegenheit beseitigt, dass 90 Prozent der Aktivitäten in der Halle mit documenta nichts zu tun haben.
HNA 16. 12. 2000